Geister treffen in Lukau
Nur wenige Menschen werden wahrscheinlich Geister von Angesicht zu Angesicht sehen können. In der St.-Georgs-Kirche in Lukau/Luková im Norden des Gebiets Pilsen ist dies jedoch möglich. An einem mysteriösen Ort sitzen hier drei Dutzend weiß gekleidete Figuren auf Holzbänken. Ohne Worte, mit gesenktem Kopf beten sie zu Gott. Denn es sind Statuen.
Der älteste Teil der Kirche – das Presbyterium und die Sakristei – stammen aus dem 14. Jahrhundert. Dort ist ein seltenes gotisches Rippengewölbe erhalten. Während der Hussitenkriege wurde es schwer beschädigt. Nach einem Brand im Jahr 1796 wurde es repariert und in den Jahren 1854 bis 1858 im neoromanischen und gotischen Stil wieder aufgebaut. Nach den Hussitenkriegen hielten hier katholische Priester, dann utraquistische und lutherische Pfarrer Gottesdienste. Heute ist die Kirche Eigentum der katholischen Kirche.
Baufälliges Kulturdenkmal
Obwohl es sich um ein Kulturdenkmal der Tschechischen Republik handelt, befindet es sich in einem baufälligen Zustand. 1968 stürzte bei einer Trauerfeier ein Teil des Putzes von der Decke und das Gebäude wurde geschlossen. Seitdem wurden nur die nötigsten Reparaturen vorgenommen.
Der Student Jakub Hadrava hatte 2012 eine interessante Idee. Seine Bachelorarbeit realisierte er durch die Gestaltung einzigartiger Skulpturen. Sie stellen die Figuren der Sudetendeutschen dar, die im Dorf lebten, und für die der Glaube ein selbstverständlicher Teil ihres Lebens war. Er beeinflusste die Bildung ihrer Persönlichkeit. Jede Statue entstand an lebenden Menschen, sitzend in den Kirchenbänken wurde ihnen eine Plastikfolie „angezogen“. Hadvara legte dann verschiedene Stoffstücke darauf, von Tischdecken bis hin zu Vorhängen. Dann goss er eine Mischung aus Gips und Phosphor darüber. Das Material strahlte, nachdem der Gips getrocknet und mit Licht angeleuchtet wurde. Den Statuen wurde so ein magischer Charakter verliehen. Zu erkennen sind Figuren von Frauen und Männern. Diese und viele andere Sehenswürdigkeiten erklärt den Besuchern dieses Denkmals Herr Jiří Kapr, einer der wenigen noch lebenden Einwohner.
Seltene Gottesdienste
In dieser Kirche finden einmal im Jahr Gottesdienste statt, am Fest des Heiligen Georg, dem die Kirche geweiht ist, oder bei feierlichen Veranstaltungen, wenn ein Teil der Kirche repariert werden kann. Die liturgische Sprache ist dann Tschechisch oder Deutsch, je nach Zusammensetzung der Gläubigen bei der Feier.
Wenn ein Tourist beschließt, die Holztreppe zum Chor hochzusteigen, findet er dort ein Harmonium, welches noch spieltauglich ist. Die Musik verstärkt die Atmosphäre des Ortes.
Mittel zur Finanzierung von Reparaturen werden unterschiedlich beschafft. So beteiligte sich das Kulturministerium beispielsweise an der Reparatur der Fassade über den Notfonds für Denkmäler. Das Geld aus dem freiwilligen Eintrittsgeld wird auch für Reparaturprojekte verwendet.
Der Autor des Kunstwerks hatte die Idee, dass in seinen Skulpturen die Geister der Gläubigen seien. Sie werden sich mit den heutigen Besuchern der Kirche zusammenschließen und so in der Lage sein, dieses Gebäude irgendwie zu reparieren. Seine Absicht scheint gelungen zu sein.
Text und Fotos: Ján Alcnauer