Grüne Leichen im Keller haben – Redewendungen unter der Lupe
Unsere Sprache ist ein reiches System an Zeichen, das der Kommunikation dient. Dazu gehören auch Redewendungen. Sie verschönern unsere Ausdrucksweise, machen unsere Alltagssprache bunter und begleiten uns auf Schritt und Tritt. In dieser Serie nehmen wir die Herkunft und Bedeutung ausgewählter deutscher Redewendungen sowie mögliche Übersetzungen ins Slowakische unter die Lupe.
Auf keinen grünen Zweig kommen
Wart Ihr schon einmal in einer Situation, in der ihr einfach kein Glück hattet und keinen Erfolg mit euren Ideen? Dann seid ihr auf keinen grünen Zweig gekommen. Wenn jemand auf keinen grünen Zweig kommt, erreicht er/sie nicht das, was er oder sie sich gewünscht hat. Häufig bringt diese Redewendung zum Ausdruck, dass jemand generell im Leben kein Glück oder keinen Erfolg hat, ohne etwas dafür zu können.
Die Redewendung stammt wahrscheinlich aus dem Mittelalter. Allgemein steht im deutschen Volksglauben das Symbol eines grünen Zweiges für Fruchtbarkeit. Die Redensart geht auf einen Brauch zurück, der bei den Heiden gefeiert wurde. Demnach überreichte der Verkäufer den neuen Besitzern eines Grundstückes oder eines Hauses einen Zweig immergrüner Bäume. Die Menschen glaubten damals, dass in den immergrünen Bäumen gute Geister leben, die dann mit dem geschenkten Zweig auch mit ins Haus einzogen. Wenn jemand keinen grünen Zweig bekommen hat, ist auch das Glück an dieser Person vorbeigegangen.
Grün hinter den Ohren sein
Jemand, der grün hinter den Ohren ist, gilt als jung und unerfahren. Die Farbe Grün wurde mit Bezug aufs Pflanzenreich schon immer mit frischen, unreifen Gewächsen assoziiert. In diesem Fall spielen hier gleichzeitig mehrere ältere Redensarten eine Rolle. Zum einen gab es das Sprichwort „noch nass“ oder „noch feucht hinter den Ohren sein“, was früher ein gängiger Vergleich zu einem neugeborenen Baby war, das noch von Älteren betreut werden musste. Zum anderen kommt die Farbe Grün auch schon im Begriff „Grünschnabel“ vor, was ebenfalls einen unerfahrenen, jungen Menschen bezeichnet. Diese beiden Bestandteile könnten also in der heutigen Redewendung zusammengekommen sein.
Auf Slowakisch kann man diese Redewendung als „tečie mu mlieko po brade“ (ihm fließt die Milch sein Kinn herunter) übersetzen. Das Trinken von Milch ist hier auch ein Zeichen von Kindlichkeit, da Babys beim Füttern oft die Muttermilch vom Kinn tropft.
Eine Leiche im Keller haben
Jeder von uns hat so manche Geheimnisse, die wir für uns behalten wollen. Doch wenn ein Geheimnis etwas Zwielichtiges oder Verbotenes ist, dann hat man „eine Leiche im Keller“.Wer ein dunkles Geheimnis hütet oder in der Vergangenheit Schuld auf sich geladen hat, hat also eine Leiche im Keller. Der Ursprung der Redewendung kommt wie bei so vielen Redewendungen aus dem Mittelalter.
Der Ausdruck steht wohl in Zusammenhang mit strengem katholischen Glauben. Einst war es verboten, Verstorbene auf katholischen Friedhöfen zu beerdigen, wenn diese nicht getauft waren. Viele Katholiken glaubten, dass der einzige Ort, abseits des Friedhofes, wo die Toten friedlich ruhen konnten und vor bösen Geistern geschützt waren, das Elternhaus war. Starb also ein ungetauftes Kind, wurde es häufig im Keller begraben. Der Keller war der einzige Ort im ganzen Haus, wo der Körper nicht so leicht gefunden werden konnte. Außerdem war es im Keller sehr kühl und die Böden bestanden aus festgeklopfter Erde, was es einfacher machte, einen Toten zu begraben.
Wer die Vorstellung eine Leiche im Keller zu haben nicht mag, aber trotzdem die Bedeutung bewahren möchte, kann auch eine andere Redewendung benutzen und zwar „Dreck am Stecken haben“. Auf Slowakisch benutzt man das Bild von einer Leiche nicht. Ein gut gehütetes Geheimnis beziehungsweise eine Schuld aus der Vergangenheit drückt man mit einem anderen Bild aus: Butter auf dem Kopf. „Mať maslo na hlave“ (Butter auf dem Kopf haben) bedeutet, dass man wohl an so manchem schuld ist.
Matej Lanča