Lehrer, Pfarrer und Schriftsteller – Jakob Glatz (1776-1831)
„Ein Leben, es sey so gut es wolle, währet eine kleine Zeit; aber ein guter Name bleibet ewiglich“ – diesen der Weisheitsschrift Jesus Sirach entnommenen Spruch finden wir in einer Biographie, die drei Jahre nach dem Tod von Jakob Glatz erschien. Schauen wir uns an, wie sich Jakob Glatz diesen guten Namen erarbeitet hat.
Der am 17. November 1776 in Deutschendorf/Poprad geborene Jakob Glatz war das vierte von sieben Kindern des Schmiedes und Leinwandhändlers Jakob Glatz und das erste mit seiner zweiten Frau Susanna Strompf.
Des Vaters Wunsch
Die spätere Lebenseinstellung des jungen Jakob wurde schon früh durch die sanfte, fromme Mutter und den arbeitsamen, korrekten Vater geprägt. Dieser hatte für seinen Sohn als Beruf den Eisenhandel ausgewählt. Aber weder die Schule, die kaum naturwissenschaftliche Kenntnisse vermittelte, noch der schwächliche Jakob selbst brachte dazu Voraussetzungen mit.
Jakobs Interessen und Talent
Jakob las viel, vor allem mit großer Freude das vom Großvater hinterlassene Buch „Acerra philologica“. Dieses Nachschlagewerk zur Antike ist eine Sammlung von historischen und mythischen Geschichten.
Mit seinen Kenntnissen aus diesem Buch überraschte und unterhielt Jakob seine Kameraden und auch Erwachsene. So können wir verstehen, dass ihm als Bester seiner Klasse manchmal die Stelle eines Lehrers in der unteren Klasse der Schule übertragen wurde.
Aber nicht nur die Literatur interessierte Jakob, auch die Musik machte ihm viel Freude. Seine Eltern ermöglichten ihm Klavierunterricht und er erreichte auch ein gutes Niveau im Orgelspiel. Noch nicht einmal zwölf Jahre alt, vertrat er in der evangelischen Kirche der Vaterstadt den Organisten. Jakob behauptete später, er wäre öfter als der eigentliche Organist eingesetzt gewesen.
Entscheidung für Studium
Die Eltern entschieden nun, Jakob Theologie studieren zu lassen. Dazu schickten sie den Dreizehnjährigen auf das evangelische Lyceum in Kesmark. Die Freizeit nutzte er zum Lesen und er fand Gefallen am Schreiben. Unterstützung erhielt er von seinem Lehrer Johann Genersich (vgl. KB 8/2016), dessen Bibliothek er nutzen konnte. Beide hatten auch später ein enges Vertrauensverhältnis.
Der deutschsprachig aufgewachsene Jakob hatte für eine spätere Laufbahn im „ungarischen Vaterland“ noch ungarisch zu lernen. Dazu verließ er Kesmark für ein Jahr und ging nach Mischkolz. Zurückgekehrt, entschied er sich, die Gymnasialausbildung in Pressburg abzuschließen. Danach (1796) studierte er an der Universität Jena, u.a. beim Philosophen und Erzieher Johann Gottlieb Fichte (1762-1814).
Kein Freund von Trinkgelagen
Das Verhalten vieler Studenten in Jena, insbesondere ihre häufigen Trinkgelage, entsprachen nicht Jakobs Vorstellung von akademischem Verhalten. Er fand aber bald gleichgesinnte Freunde, z.B. Samuel Bredetzky.
In Pressburg hatte sich Jakob für die Ideen von Christian Salzmann, die schulische Ausbildung mit Sport und praktischer Tätigkeit zu ergänzen, interessiert und Kontakt mit Salzmann aufgenommen. Dessen „Erziehungsinstitut“ befand sich in Schnepfenthal bei Gotha. Glatz wurde dort 1797 Erzieher und lehrte mit großer Freude sieben Jahre.
Wien und Tod in Pressburg
Im Jahr 1804 folgte er einem Ruf als Lehrer an die protestantische Schulanstalt in Wien. Bereits in Mischkolz hatte Glanz erste Predigten ausgearbeitet und gehalten. Auch in Wien wirkte er bald als Prediger. Es folgte die Ernennung zum Consistorialrat mit der Leitung und Gestaltung des protestantischen Kirchen-, Schul- und Studienwesens in Österreich. Zu seinen größten Leistungen zählt 1821 die Einrichtung der Protestantisch-theologischen Lehranstalt in Wien. Die Stadt ehrte ihn 1895 mit der Benennung einer Straße, der Glatzgasse. Weil sich sein Gesundheitszustand verschlechterte, legte er das Predigeramt nieder. Als Consistorialrat war er weiter tätig. Damit seine Kinder ein evangelisches Lyceum besuchen können, zog er 1825 nach Pressburg. Die Krankheit verschlimmerte sich, am 25. September 1831 starb er an Nervenfieber. Er hinterließ seine Frau Rosina geb. Laßgallner und sieben Kinder.
Erzieherischer Schriftsteller
Wie in seinen Predigten, so fand Glatz auch als Schriftsteller einfache, zu Herzen gehende Worte mit erzieherischem Wert. Sie vermittelten Moral, Religiosität und Bildung.
Er schrieb vor allem für Kinder und Jugendliche, zu seiner Zeit war er deren bekanntester Autor. In dem 1811 dreisprachig erschienenen Buch „Die Bilderwelt. Ein unterhaltsames und belehrendes Bilderbuch für die Jugend“ fordert Glatz von seinen jugendlichen Lesern Antworten zu Bilddarstellungen und damit Aktionen über das Lesen hinaus. Zwischen 1799 und 1831 veröffentlichte er etwa 80 Bücher sowie viele Zeitschriftenbeiträge. Sein „Andachtsbuch für gebildete Familien ohne Unterschied des Glaubensbekenntnisses“ wurde mehr als 10.000 Mal verkauft, viele Bücher wurden in andere Sprachen übersetzt. In der deutschen Literaturgeschichte hat der Name Jakob Glatz daher einen festen Platz.
Dr. Heinz Schleusener