Beitragsbild zu einem kurzen Aufsatz zur EU-Mitgliedschaft

Quo vadis Europa?

In den letzten Wochen wurde viel über den Weg diskutiert, den die Europäische Union einschlägt. Am 9. Mai feiert die EU ihren Geburtstag. In diesen Tagen bestimmen ihre Bürger bei der Europawahl über ihre Zukunft.

Vor gut 70 Jahren nahmen sich die Gründungsstaaten der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl zum Ziel, Europa nach dem Zweiten Weltkrieg zu vereinen. An sich gesehen eine politische Entscheidung. Doch der Wiederaufbau hatte auch ein menschliches Gesicht. Mittlerweile verbindet viele Menschen in Europa ein Zugehörigkeitsgefühl und das Empfinden, Europäer zu sein. 

Meines Erachtens ist dieses Gefühl in der Slowakei nicht so stark ausgeprägt. Veranstaltungen anlässlich des 20. Jahrestages des EU-Beitritts der Slowakei im Mai sollten auch dazu beitragen, die EU-Institutionen und die anderen EU-Mitgliedstaaten besser kennenzulernen.

Laut einem Bericht des DEKK-Instituts, eines slowakischen Forschungsunternehmens für den sozialen Zusammenhalt, wirkt sich die wachsende gesellschaftliche Polarisierung nachteilig auf das Vertrauen in die politischen Institutionen aus. In unserer Gesellschaft herrscht häufig das Gefühl, von den Institutionen nicht gehört zu werden.

Heutzutage ist die Antwort darauf oft, dass man sich einer politischen Bewegung anschließt, anstatt sich in einer Partei zu engagieren. Viele halten die Mitgliedschaft in einer Partei nicht mehr für ein wirksames Mittel der politischen Repräsentation.

Auch deshalb steigt die Zahl der Menschen in der Slowakei, die dazu neigen, im politischen Raum nach radikalen Lösungen zu suchen. Seit dem Jahr 1998 ist der Anteil der Menschen, die nicht daran glauben, dass das politische System die Fähigkeit besitzt, die gesellschaftlichen Probleme zu lösen, stark gestiegen: von knapp 3 Prozent auf etwa 26 Prozent im Jahr 2023.

Um gehört zu werden, muss jedoch unser Gesprächspartner zuhören können und wollen. Eine logische Folgerung wäre, die Menschen auszusuchen, die uns zuhören. Genau darin liegt das Problem. Denn dann schlagen wir aufgrund der Meinungsunterschiede keine Brücken zwischen einander, sondern isolieren uns.

Diese Probleme sind uns bekannt. Die Frage lautet aber: Wo liegt der Ausweg? Ich versuche darauf mit den Worten von Robert Schuman, einem der Gründungsväter der EU, zu antworten. 

Robert Schuman meinte, ein gemeinsames Europa entstehe durch ein anständiges Bestreben und gegenseitige Kompromisse. „Europa lässt sich nicht mit einem Schlage herstellen und auch nicht durch eine einfache Zusammenfassung. Es wird durch konkrete Tatsachen entstehen, die zunächst eine Solidarität der Tat schaffen“, sagte er in seiner Erklärung am 9. Mai 1950 in Paris. 

Unsere EU-Mitgliedschaft wird sich nicht automatisch ändern, unser Verhalten nicht automatisch verbessern. Wandel ist ein Prozess. Alle fünf Jahre haben wir die Chance, per Wahlzettel mitzubestimmen, welche Richtung die EU einschlägt. Jeden Tag haben wir die Chance, unser Zusammenleben gemeinsam zu gestalten – durch ein anständiges Bestreben und gegenseitige Kompromisse. Dogmatisches Nachdenken über die EU führt in eine Sackgasse. Wir sollten mehr reflektieren, was wir von Europa in einer dynamischen Welt erwarten und wie wir gemeinsame Herausforderungen auch gemeinsam überwinden. Viele Beziehungen scheitern an mangelnder oder ausweichender Kommunikation – egal ob zwischenmenschlich oder zwischenstaatlich. Lasst uns also die Probleme, die wir teilen, ehrlich benennen und nicht scheitern! Dann finden wir gemeinsam einen Weg.

Alan Laifer