Schüler auf den deutschen Spuren in Kaschau
Die Schüler der Laco-Novomeský-Grundschule in Kaschau/Košice erlebten einen außergewöhnlichen Unterricht. Direkt während der Schulstunde gingen sie in die Stadt zum Geocaching. Sie hatten viel Spaß und lernten gleichzeitig eine Menge dazu. Die einzelnen Stationen beschäftigten sich mit der deutschen und österreichischen Geschichte. Sie erfuhren von der ersten Zeitung in Kaschau und was die heilige Elisabeth mit dem heutigem Deutschland verband.
Die Achtklässler machten sich neugierig mit einem Handy in der Hand auf, eine interessante Geocaching-Strecke durch die Stadt zu entdecken. Während der Erkundung des historischen Zentrums warteten auch begleitende Aufgaben auf sie, die auf das Üben der deutschen Sprache abzielten, wie z. B. die Arbeit mit Videos, Lückentexte und Textkorrekturen, Diskussionen und Rätsel. „Die Kinder reagierten begeistert – sie suchten nach Antworten auf Fragen in der App und entdeckten mithilfe des Handys weitere Stationen. Dabei lernten sie etwas mehr über die Geschichte von Kaschau, die mit dem deutschen Umfeld verbunden ist, und auch neue deutsche Begriffe“, zeigte sich der Deutschlehrer Peter Jonáš zufrieden.
Auf den Spuren einer mehrsprachigen Stadt
Die Schüler erfuhren beispielsweise, dass das Zentrum der ostslowakischen Metropole durch deutsche Siedler, die bereits im 13. Jahrhundert kamen, seine linsenartige Form erhielt und dass Deutsch im mittelalterlichen Kaschau die Sprache der Handwerker, Kaufleute und Gelehrten war. Die deutschsprachigen Zunftartikel der Kürschnerzunft aus dem Jahr 1307 sind bisher die ältesten erhaltenen Vorschriften dieser Art in der Slowakei. Die Mehrsprachigkeit von Kaschau in der Frühen Neuzeit zeigt sich daran, dass während der Reformation Prediger in allen drei Sprachen – Ungarisch, Deutsch und Slowakisch – in der Stadt tätig waren. Um das Jahr 1720 bildeten die Deutschen in der Stadt bereits eine Minderheit, und die Zahl der Ungarn und Slowaken nahm allmählich zu. Auch die Deutschen selbst wurden, insbesondere im 19. und frühen 20. Jahrhundert, magyarisiert. Die Deutschen engagierten sich – wie auch andere ethnische Gruppen – im kulturellen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Leben, worüber auch die in der Stadt erscheinenden deutschen Zeitungen berichteten.
Die deutschsprachige Presse Kaschaus
Die erste Zeitung von Kaschau trug den Namen Kaschauer Zeitung, erschien zwei- bis dreimal wöchentlich zwischen 1872 und 1914 und hatte vier bis zwölf Seiten. Die ersten Seiten berichteten auf der Grundlage übernommener Nachrichten über das Geschehen in der Welt und in Ungarn. Die Journalisten von Kaschau (damals nur Amateure) kommentierten diese Ereignisse gelegentlich auch in umfangreichen Artikeln, die ebenfalls auf den ersten Seiten erschienen. Die Rubrik Locale Nachrichten bot einen abwechslungsreichen Überblick über das gesellschaftspolitische, wirtschaftliche und kulturelle Leben in der Stadt. Die Zeitung veröffentlichte auch Auszüge aus literarischen Werken, Reportagen, Leserbriefe u. a. Auf den letzten zwei bis vier Seiten fanden die Leser Anzeigen und Werbung, da diese eine der Finanzierungsquellen der Zeitung waren.
Sándor Márais deutsche Vorfahren
Die Schüler waren auch überrascht, dass der Schriftsteller und Journalist Sándor Márai deutscher Herkunft war. Sein Vater, der Anwalt Géza Grosschmid, war deutscher Abstammung, und die Familie gehörte zur wohlhabenden und angesehenen Gesellschaft von Kaschau. Márai, der noch als Alexander Grosschmid de Márai eingeschrieben war, begann sein Journalismusstudium in Leipzig. Später studierte er in Frankfurt am Main und Berlin. Er begann auch auf Deutsch zu schreiben und veröffentlichte in der bekannten und noch heute erscheinenden Frankfurter Zeitung. Wie viele Deutsche in Ungarn fühlte auch er sich zur ungarischen Kultur hingezogen und wählte Ungarisch als seine Literatursprache.
Kulturellen Brücken, die bis nach Thüringen reichen
Kaschau ist mit Deutschland auch durch die Schutzpatronin der größten gotischen Kirche in der Slowakei, die heilige Elisabeth (* 1207 – † 1231) verbunden. Sie wurde als Tochter des ungarischen Königs Andreas geboren. Als zukünftige Landgräfin von Thüringen wurde sie bereits im Alter von vier Jahren nach Deutschland auf die Wartburg zu ihrer zukünftigen Familie geschickt. Während ihres Ehelebens zeichnete sich Elisabeth durch Frömmigkeit, Wohltätigkeit und Liebe zur Armut aus, und sie erfüllte ihre Rolle als Landgräfin – als regionale Politikerin und Verwalterin – im Sinne der Nächstenliebe. Nach dem Tod ihres Mannes, als sie von ihren Verwandten aus der Burg vertrieben wurde, widmete sie sich vollständig der Fürsorge für die Armen.
Glocken aus Österreich
Die Kathedrale hat nicht nur durch ihre Schutzpatronin einen Bezug zum deutschsprachigen Raum. Bei der großen Renovierung und Umgestaltung der Kathedrale in den Jahren 1880–1896 war der Wiener Baumeister Friedrich Wilhelm Fröde der Hauptverantwortliche für die Bauleitung, während der österreichische Architekt Friedrich von Schmidt die Bauaufsicht innehatte. Der Südtiroler Holzschnitzer und päpstliche Hoflieferant Ferdinand Stufflesser fertigte im 19. Jahrhundert auf Anregung des Bischofs Bubics mehrere Altäre für die Kathedrale an. Auch die Glasfenster stammen aus deutscher und österreichischer Produktion; die Glaserei Karl Geyling in Wien schuf die Fenster im Heiligtum. Die meisten Fenster, darunter auch die Darstellungen der Schutzpatrone des Kaisers Franz Joseph und seiner Frau Elisabeth, bekannt als Sissi, d. h. des heiligen Franziskus von Assisi und der heiligen Elisabeth von Thüringen/Ungarn, wurden ebenfalls in Fabriken in München und Innsbruck hergestellt. Die Glocke im Sigmundglockenturm stammt aus der Werkstatt des österreichischen Glockengießers Hans Thomas Wening. Die letzte deutsche Spur aus dem 20. Jahrhundert ist die Gedenktafel der deutschen Partnerstadt von Kaschau, Wuppertal.
Die moderne Kunst der „Mosaik-Lady“
Die Künstlerin Herta Ondrušová Victorin (1912–1999) wurde in einer deutschen Familie im schlesischen Vítkovice geboren. Sie studierte Architektur, Zeichnen und Malerei in Brünn. Im Anschluss setzte sie ihr Studium im polnischen Breslau fort und später in Prag, wo sie auf die Elite der deutschen Emigranten traf und die Denkweise der künstlerischen Moderne des Bauhauses übernahm. Dort erreichte sie auch der Zweite Weltkrieg. Nach dem Krieg verloren ihre Eltern ihr Leben, und ihr Ehemann Dr. Hollunder emigrierte nach London. Herta Victorin heiratete ein zweites Mal den Kaschauer Karol Ondruš und blieb in Kaschau. Obwohl sie viele künstlerische Techniken beherrschte – wie etwa Malerei, Collage, Grafik und Glasmalerei – wurde sie den Kaschauern als „Mosaik-Lady“ bekannt. Bei der Herstellung von Mosaiken unterstützte sie ihr Mann, der ihre künstlerischen Entwürfe umsetzte – er spaltete, glasierte und fügte die Mosaiksteine zusammen. Insgesamt schufen sie etwa 50 Mosaikwerke, von denen sich etwa 40 an öffentlichen Gebäuden in der Stadt und deren Innenräumen befinden. Die meisten ihrer übrigen Werke werden vom Karpatendeutschen Kulturwerk in Karlsruhe aufbewahrt.
Schnitzeljagd mit GPS – Geocaches als Belohnung
Nach dem Durchlaufen aller fünf Stationen wartete eine verdiente Belohnung in Form eines Geo-Caches auf die Kinder. „Ich bemühe mich, dass die Schüler eine Beziehung zur deutschen Sprache durch verschiedene erlebnisorientierte Aktivitäten entwickeln, sei es durch Exkursionen, Austauschprogramme, Wettbewerbe oder Online-Projekte“, ergänzte Jonáš.
Das zweistündige Geocaching-Spiel wurde von der Germanistin Michaela Kováčová von der Philosophischen Fakultät der Pavol-Jozef-Šafárik-Universität in Kaschau zusammen mit Marta Lörincová vorbereitet. „Meine Motivation war es, den Schülern und Studenten die deutsche Sprache näherzubringen, dass diese Sprache im Raum, in dem sie leben, verankert ist und dass sie eigentlich täglich auf deutsche, österreichische und schweizerische Spuren stoßen. Sie sind Teil der Geschichte von Kaschau und ihrer Gegenwart – wir finden sie in der Kultur, der Architektur, der bildenden Kunst, der Bildung, der Wirtschaft und anderen Bereichen“, erklärt Kováčová. Gleichzeitig wollte sie das Thema den heutigen jungen Menschen näherbringen, die ständig am Handy hängen. „Es folgten Gespräche mit Mitarbeitern des Denkmalschutzamtes, namentlich mit Juraj Gembický, weiter mit Milan Kolcun und dem Epigraphiker Miro Čovan. Recherchen führten auch Schüler des Gymnasiums Šrobárova durch, an dem ich ebenfalls tätig bin“, führte Kováčová weiter aus. Interessant war ihr zufolge, dass nicht nur gute Schüler aktiv waren. Auch diejenigen, die nicht die besten Deutschlerner sind, arbeiteten fleißig mit und konnten sich beim Navigieren durch die Stadt oder beim Suchen verwirklichen. „Ich hoffe, dass die Freude, die ich beobachtet habe, ihnen auch beim weiteren Deutschlernen und Entdecken von Zusammenhängen in der heutigen Welt erhalten bleibt“, fügte die Germanistin hinzu. Lehrer können sich mit Klassen bei ihr anmelden und an dieser interessanten Aktivität teilnehmen, zu der auch begleitende Aufgaben zur Übung der deutschen Sprache bereitgestellt werden.
Peter Jonáš