Inschrift auf dem Sockel der Statuen

Tiroler Holzschnitzkunst in unseren Kirchen

Unbestritten ist die sakrale Kunst eine der wichtigsten Bereiche der Kunstdenkmäler in der Slowakei. In unseren Kirchen kann man komplette Altäre, Heiligenstatuen in allen Größen, Tabernakel, Kanzeln, Beichtstühle und Weihnachtskrippen sehen. Weltbekannt ist der Altar von Meister Paul in Leutschau, aber oft findet man auch die weltbekannten „Tiroler Altäre“ oder „Tiroler Skulpturen“ aus jüngeren Zeiten. Manchmal ganz unerwartet.

Am nördlichen Berghang unten dem Hauptkamm der Niederen Tatra, ungefähr 30 Kilometer von Rosenberg/Ružomberok, liegt die ehemalige Bergbausiedlung Magurka. Auf dem dortigen Friedhof wurde am 18. Juni 2022 ein Denkmal für die 70 Zivilisten aus Kuneschhau/Kunešov eingeweiht, die dort Ende Oktober 1944 erschossen wurden.

Die Messe am Anfang der Veranstaltung fand in der dortigen Rosenkranzkapelle der Jungfrau Maria statt. Die Kapelle wurde 1912 fertiggebaut und eingerichtet. An beiden Seiten befinden sich zwei Heiligenstatuen: Christus und die Jungfrau Maria. Auf den Sockeln der beiden Statuen steht geschrieben: Josef Runggaldier, Gröden – Tirol. Offensichtlich stammen beide Heiligenstatuen und wahrscheinlich auch der Altar aus der Werkstadt von Josef Runggaldier aus Gröden in Südtirol.

Inschrift auf dem Sockel der Statuen
Inschrift auf dem Sockel der Statuen.

Holzschnitzerei in Gröden

Gröden ist ein etwa 25 Kilometer langes Seitental des Eisacktales und liegt im Nordwesten der Südtiroler Dolomiten. Das Tal hat drei Gemeinden: St. Ulrich, St. Christina und Wolkenstein. Es ist ein Ort voller Traditionen und Geschichte. Im Tal gibt es drei offizielle Sprachen: Ladinisch (eine alte romanische Sprache), Deutsch und Italienisch.

In Gröden hat die Holzschnitzerei eine langjährige Tradition. Seit über zwei Jahrhunderten schnitzen Grödner Bildhauer bedeutsame Holzfiguren, die weltweit bekannt sind. Hier entstanden ganze Bildhauerdynastien, die zahlreiche Altäre sowie sakrale und profane Figuren herstellten, die heute in verschiedenen Kirchen und Privathäusern weltweit zu sehen sind. Dies machte das Grödnertal zum internationalen Zentrum für Holzschnitzereien.

Blick in die Rosenkranzkapelle der Jungfrau Maria in Magurka
Blick in die Rosenkranzkapelle der Jungfrau Maria in Magurka

Kunstwerke in unseren Kirchen

Um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert entwickelte sich, auch dank vieler Verlegerfirmen und zahlreicher Werkstätten, die Herstellung von Kircheneinrichtungen, die aus Gröden in die ganze Welt exportiert wurden. Ettliche habe ihren Platz auch in den Kirchen in der Slowakei gefunden. Aus der oben erwähnten Werkstatt Josef Runggaldiers stammt auch die Kanzel in Bisternitz/Záhorská Bystrica bei Preßburg oder der Altar in Einsiedel an der Göllnitz. Die Grödener Werkstatt von Dominik Demetz schuf den Altar und sakrale Figuren in Zipser Neudorf, Kirchdrauf und Göllnitz. Josef Rifesser schuf den Altar in Krompach. Josef Ferdinand Prinoth den Altar in der Pilgerkirche am Marienberg in Leutschau, Johann Purger in Hnilčík und Spišská Teplica. Bekannt ist auch, dass in unseren Kirchen auch viele Heiligenstatuen aus Gröden ihren Platz haben.

Herrgottschnitzer heute

In der Folge des Zweiten Vatikanischen Konzils ging die Nachfrage nach sakraler Kunst stark zurück. Heute schaffen die Grödner Künstler ihre Werke, indem sie maschinell vorgefertigte Rohlinge in Handarbeit zu Ende schnitzen, viele Schnitzereien sind aber weiterhin reine Handarbeit. So entstehen wunderschöne sakrale und profane Figuren, die im Zeichen einer einzigartigen Tradition stehen und sich trotzdem stets erneuern. Alle begeisterten Kunstliebhaber, die am Kauf von Werken des Grödner Kunsthandwerks interessiert sind, können heute die Online-Kataloge besichtigen.

Ondrej Pöss