Trends des (Miss-)Trauens in der Slowakei

Unser Vertrauen in die Gesellschaft ist spürbar durch die Art und Weise, mit der wir unseren Mitmenschen jeden einzelnen Tag begegnen. Eine Studie des DEKK-Instituts untersuchte den Stand des (Miss-)Trauens in der Slowakei kurz vor den Parlamentswahlen. Darin bestätigte sich die Fortsetzung eines anhaltenden Problems.

Die Slowakei hat im Laufe ihrer Entwicklung von einem kommunistischen Regime zu einer demokratischen Gesellschaft beachtliche Erfolge erzielt. Hinter den offensichtlichen wirtschaftlichen Zugewinnen verbirgt sich jedoch eine komplexe Dynamik des Vertrauens, die die zwischenmenschlichen Beziehungen und die Wahrnehmungen von Institutionen nachhaltig beeinflusst. Vertrauen ist das unsichtbare Fundament unserer sozialen Strukturen und spielt eine entscheidende Rolle beim Umgang mit unseren Mitmenschen und letztlich für die Funktionsfähigkeit einer Demokratie. Im Vorfeld der letzten Parlamentswahlen hat die slowakische Denkfabrik DEKK-Institut in der Studie „Trends des (Miss-)Trauens 2023“ den aktuellen Stand dieser unsichtbaren Bindung zwischen den Slowaken und ihrer Gesellschaft untersucht. Die Veröffentlichung vom September 2023 basiert auf Ergebnissen einer national repräsentativen quantitativen Umfrage, die vom 9. bis 16. August 2023 unter rund 1000 Befragten in der Slowakei durchgeführt wurde.

Unsere engsten und intimsten Kreise bestehen in der Regel aus Familienmitgliedern, Freunden und Nachbarn. Ihnen vermitteln wir eine Art von Vertrauen, die die Grundlage des sozialen Kapitals bildet, das für umfassendere Zusammenarbeit und sozialen Fortschritt in unserer Gesellschaft unerlässlich ist. Zum Beispiel ist das Vertrauen, das wir in unsere Familien setzen, ein entscheidender Faktor für die Unterstützung und den Zusammenhalt in schweren Zeiten. Leider bleibt das zwischenmenschliche Vertrauen in der slowakischen Bevölkerung laut der Studie trotz jahrelanger demokratischer Entwicklung weitgehend auf kleinste Kreise beschränkt. Zur Erklärung gibt es mehrere Faktoren, die zum anhaltend niedrigen Niveau beitragen und in den Vertrauensbrüchen der Vergangenheit liegen. So schuf das kommunistische Regime etwa eine äußere von Misstrauen geprägte Welt und spaltete die Gesellschaft in voneinander losgelöste Mikrokosmen. Die Nachwendezeit brachte ebenfalls Herausforderungen mit sich. Der geschwächte slowakische Staat hatte Schwierigkeiten, die Regeln während der Privatisierungswelle durchzusetzen, wodurch es einigen ermöglicht wurde, Reichtum durch unehrliche Mittel anzuhäufen.

Dieses begrenzte Vertrauen behindert eine breitere Zusammenarbeit und soziale Kohäsion auf mehreren Ebenen. Trotz anfänglicher Bedenken nach dem Fall des kommunistischen Regimes und den turbulenten 1990er Jahren ist der private Sektor heute mit einem Zuspruch von rund 60 Prozent zu einem relativ vertrauenswürdigen Teil der slowakischen Gesellschaft geworden. Es ist eine positive Entwicklung, denn ein Mangel an Vertrauen wirkt sich auch auf die wirtschaftliche Aktivität eines Landes aus. Wer sein Umfeld als instabil wahrnimmt, ist auch weniger gewillt, langfristige Investitionen zu tätigen. Im Verlauf der Zeit bot die Kirche 44 Prozent der Slowaken einen konstanten Rückhalt. Wie auch schon in Studien der letzten Jahre sprachen ihr die Befragten ein nachhaltiges Vertrauen aus. Die DEKK-Studie zeigt auch, dass unter den nicht-staatlichen Organisationen Forschungsinstitutionen bei jedem zweiten Befragten als verlässlich wahrgenommen werden – so häufig, wie keine andere Institution.

Die politischen Institutionen und der Staatsapparat der Slowakei stehen insgesamt auf wackeligem Vertrauensgrund. Besonders niedrige Zustimmungsraten sind hierbei für die Regierung, politische Parteien und das Parlament zu verzeichnen, die einige der niedrigsten Vertrauenswerte aufweisen. Nicht einmal jeder Fünfte vertraut in die Arbeit des Nationalrats. Diese Zahlen spiegeln das weitverbreitete (Miss-)Trauen der Bevölkerung im politischen Bereich wider. Interessanterweise erleben ausländische Institutionen wie die Europäische Union und die NATO in der Wahrnehmung der Bevölkerung einen höheren Rückhalt. Das Vertrauen in die Armee wurde als beschädigt wahrgenommen, aufgrund der empfundenen zunehmenden Politisierung der Exekutive in der Coronapandemie und durch die Verurteilung des russischen Überfalls auf die Ukraine. Ein besonders bedauerlicher Trend zeigt sich im Justizsystem, das in den letzten 30 Jahren kein gesteigertes Vertrauen verzeichnen kann und lediglich auf einen Vertrauenswert von etwa 30 Prozent kommt.

Die Trends des (Miss-)Trauens in der Slowakei enthüllen eine Gesellschaft, die mit Herausforderungen zu kämpfen hat, die in historischen Erblasten sowie zeitgenössischen Erfahrungen verwurzelt sind. Obwohl das Vertrauen in den letzten drei Jahrzehnten keine signifikanten Verbesserungen erfahren hat, ist der Versuch, den Befund zu verstehen entscheidend. Das Wiederaufbauen von Vertrauen erfordert einen vielschichtigen Ansatz, der sowohl historische als auch gegenwärtige Faktoren berücksichtigt und den Zusammenhalt in der slowakischen Gesellschaft fördert.

Peter Mons