Ursprung, Sinn und Magie des Advents

Weihnachten steht vor der Tür. Aber wissen wir eigentlich, was da an die Türen unserer Herzen pocht und seine Ankunft verkündet? Obwohl Weihnachten in den meisten Fällen einen uralten Ursprung hat, überbrückt es dennoch meistens die Zeitschlucht, die wie eine Brücke einen herrlichen Weg zwischen Vergangenheit und Gegenwart in die weitgehendste Zukunft ebnet.

Nun möchten wir hierbei über einige uralte Sitten und Bräuche stutzig werden, die unsere Vorfahren noch in der Zeit unserer Großeltern oft strikt einhielten und auf die wir, in unserer übereilten Zeit zum eigenen Leidwesen ganz einfach häufig verzichten.

Zyklus vorchristlicher Feiertage

Es steht überhaupt nicht in Frage, dass schon unsere vorchristlichen Vorfahren große Verehrer der Mutter Natur waren. Wollten sie überleben, so mussten sie ihr ganzes Tun dem geheimnisvollen und unergründlichen Walten der Naturgewalten unterordnen.

Wenn sie die Zeit maßen (wenn eine Zeitmessung überhaupt in Frage kam), dann nur nach der Sonne, nach dem Mond oder aber nach dem Verhalten von Pflanzen und Tieren. Ursprünglich waren einzelne Monate des Jahres überhaupt nicht benannt, das Jahr teilte man ganz einfach in Frühling und Winter auf. Die Hauptrolle spielte dabei natürlich die Sonne – als geheimnisvolles Epizentrum dieses mythologischen Sonnensystems. Die Sonnenstellung bestimmte dabei auch den ganzen Verlauf frühreligiöser Feiertage und davon abgeleiteter Sitten und Bräuche unserer Vorfahren in einer festgesetzten Reihenfolge. So ergab sich ein Kalender daraus.

Ausgangspunkt für die Erstellung aller alten Kalender war die Wintersonnenwende, also die Zeit, wenn nach den längsten und dunkelsten Nächten die Lichtstärke allmählich zunimmt.

In der Zeit der Frühlings-Tagundnachtgleiche hat sich die Länge der Tage und die der Nächte einander genähert, die Sonne steigt höher und höher, wobei sie die Übermacht der Finsternis ganz überdeckt und am 24. Juni, das heißt zur Sommersonnenwende, ihren höchsten Himmelspunkt erreicht.

Von da an sinkt sie wieder bis zur Herbst-Tagundnachtgleiche. Die Sonne verliert dann wieder an Intensität, die Nächte werden länger, bis es wieder zur Wintersonnenwende kommt und der Kreislauf sich aufs Neue wiederholt. Jeder Grenzpunkt hat seine wichtigen, bestimmten Gottheiten geweihten Ereignisse, magische Rituale und Wahrsagereien sowie Feierriten.

Vom Heidentum zum Christentum

Das Christentum setzte den Anfang des neuen Jahres in die Mitte des Winters. Mit dem Antritt des neuen einheitlichen Kalenders, sei es der julianische oder der gregorianische, ergaben sich jedoch zunächst gewisse Diskrepanzen mit den Naturgesetzen und dementsprechenden Ritualen, Sitten und Bräuchen. Es sind zunächst Kollisionen und nachfolgend Überschneidungen und Durchdringungen zwischen dem naturfeiernden und besingenden Heidentum und dem gewisse Heilige und ihre Taten ehrenden Christentum zustande gekommen.

Niemand kann leugnen, dass das Kirchenjahr sich auch nach dem Sonnenzyklus richtet. Die Sonne wurde bei ihrer Tages – und Nachtwanderung als Christussymbol betrachtet. Das Kirchenjahr beginnt vier Wochen vor Weihnachten (Advent), dessen Anfänge in den Ländern deutscher Zunge in die Zeit Karls des Großen fallen. Die Dauer des Advents war aber nicht immer gleich, sondern bewegte sich.

Erst im Laufe der Zeit entwickelte sich die Dauer des Advents zu vier Wochen. Papst Gregor der Große (590 – 604) legte diese Dauer auf vier Sonntage fest und infolgedessen wurde ihr Anfang selbst auf den nächstliegenden Sonntag um den 30. November statuiert – der erste Adventssonntag. Dafür steht auch der Adventskranz, der in den meisten Familien auf der ganzen Welt aufgestellt wird und dessen Erfinder der Theologe und Erzieher Johann Heinrich Wichern (1807 – 1880) war. Er ist also gar nicht so alt, wie man vermuten würde.

Auf die vierwöchige Adventszeit folgt also Weihnachten, das ungefähr in die Mitte der Wintersonnenwende fällt. Einst pflegte man diese Zeit als Sonnengeburt zu bezeichnen, auch Jesus Christus ist um Mitternacht der Wintersonnenwende geboren.

In der Adventszeit lebte das Gemeinvolk im tiefen Erwarten der Ankunft des Erlösers. Hochzeiten und Unterhaltungen waren tabu. Im Volksbrauch lebte die Vorstellung von in der Natur tobenden Kräften und Mächten, die man sogar mit verschiedenen Verkleidungen und Zaubermitteln zu verjagen versuchte. Auch die Jahreszeiten wandelten sich von alten Heidenzeiten wie Frühling, Sommer, Herbst und Winter in Advent, Weihnachten, Zeit bis zur Erscheinung des Herrn, Fastenzeit, Ostern und auf Pfingsten um.

Die Ankunft erwartend

Der Advent wird als Zeit der Erwartung des ankommenden erlösenden Lichtes betrachtet, das den sein Unwesen treibenden Mächten der Finsternis ein Ende setzt. Schließlich stammt ja das Wort selbst vom lateinischen „adventus“ ab, was letztendlich „Ankunft“ heißt.

Ankunft des Lichtes, das Jahr für Jahr immer wieder zu und in uns heimkehrt, um das Feuer des Glaubens und aus ihm strahlende Liebe und Hoffnung in unseren Herzen zu entfachen. So hoffen wir darauf, im Vertrauen auf die Ankunft des Erlösers mit allen unseren Lieben und Bekannten bald ein frohes Weihnachtsfest feiern zu können.

Oswald Liptak