Gaidel Klacno

Was ist meine Nationalität und was meine Muttersprache?

Ich bin eine Karpatendeutsche und meine Muttersprache ist Gaaleresch – Deutsch. Als ich noch in der Grundschule war, fragte uns unsere Lehrerin einmal, welche Nationalitäten in der Klasse vertreten sind.

Viele meldeten sich (nicht alle) – Slowaken, Roma, Ruthenen, Ungarn und ich, Deutsche. Ein Mitschüler versteckte sich und wollte nichts sagen. Da fragte ich ihn: „Warum meldest du dich nicht, du bist doch auch ein Deutscher?“ Nach der Schule ging er nach Hause und beschwerte sich: „Die blöde Margot hat mich verpetzt.“ Ich bin eine Deutsche – das war und ist für mich klar, auch wenn es mir manchmal Probleme bereitete. Meine Muttersprache ist Gaaleresch. Wir sind nicht mehr viele und ich bin die Jüngste, die sie spricht. Also bin ich eine aussterbende Spezies und man sollte mich auf der Roten Liste erwähnen. Immer schon gab es solche, die Stolz auf ihre Herkunft waren und andere, die es nicht für wichtig hielten oder sich sogar schämten. So war es auch bei einer Magd aus einer alten Erzählung, die im Gaidler Buch von Sepp Palesch niedergeschrieben ist.

Derb, aber heilsam!

Es war in der guten alten Zeit, als dies geschah. Die Familien waren damals groß, Söhne und Töchter mussten den Hof verlassen und andernorts einer Beschäftigung nachgehen. So auch Kathi. Sie zog es nach Budapest. Dort in der Großstadt konnte sie vieles sehen und erleben, was ihr das dörfliche Leben in Gaidel nicht zu bieten vermochte. Von all dem angetan, blieb das Mädchen länger als nötig von daheim fort und mauserte sich zu einem echten Stadtfräulein. Eines Tages plagte sie doch das Heimweh. Und so kehrte sie aus der Großstadt wieder zurück auf den elterlichen Hof. Jedoch nicht ohne Stolz. Sie konnte sich vornehm ausdrücken, hatte eine fremde Sprache erlernt und wusste sich zu benehmen. Plötzlich passte nicht alles mit ihrer Umgebung zusammen.

Kathi blickte auf ihresgleichen im Dorfe herab, wenn man sich Gaaleresch mit ihr unterhalten wollte. So wurde sie bald von vielen gemieden. An einem Sommertag wurde Kathi vom Jungknecht Seff eingeladen, bei der Heuernte zu helfen. Da freute sie sich auf die schöne Aussicht vom Revan ins Tal. Auf der Fahrt auf dem Leiterwagen ging es lustig zu. Nur der Seff war ruhig und er dachte nach.

Ein folgenreicher Schrecken

Die Arbeit begann und ging munter voran. Doch Seff blieb auch bei der Arbeit einsilbig. Es wollte ihm einfach nichts einfallen, wie man Kathi „kurieren“ könnte. Am meisten missfiel ihm, dass das Mädchen nicht mehr Gaaleresch sprechen wollte. So gegen Mittag lächelte er plötzlich und begann sich beim Schwadenrechen an Kathi heranzuarbeiten. Als er dicht hinter ihr war, ließ er seinen Rechen fallen, aber so, dass die Zinken nach oben standen. Kathi drehte sich um und trat mit einem Fuß genau auf die Zinken. Dabei schnellte der Rechenstiel hoch und traf Kathi auf die Stirn. Verdutzt und verärgert rief sie: „Du v’rdomtar Rechenstelln!“ Ein schadenfrohes Gelächter erklang. Seff sah Kathi schelmisch an und sagte: „D‘ kost obar no gut Gaaleresch red’n.“ Das Mädchen bekam einen roten Kopf und gab beschämt zu: „Mei, e ho me ä soo d’schrockn ond d’rpei ganz v’rgessen, do e net mea Gaaleresch ko red’n.“

So, das ist alles für heute. Herzliche Grüße aus Gaidel/Klačno!

Margot