30 Jahre Karpatendeutscher Verein

30 Jahre KDV: Die Vorbereitungen

Die Wende im Herbst 1989 haben auch die Verbände der vertriebenen Karpatendeutschen aufmerksam verfolgt. Karpatendeutsche Organisationen gab es im Jahre 1989 nur in Westdeutschland, Österreich und den USA. Kontakte zwischen den in der DDR und den in der Slowakei lebenden Karpatendeutschen gab es nur auf personeller Ebene, häufig verbunden mit verschiedensten Schwierigkeiten und Risikos. Erst Anfang April 1990 hat sich in Halle ein neuer Karpatendeutscher Landesverband gegründet.

In der Januarausgabe 1990 der Karpatenpost (Monatsblatt der Karpatendeutschen Landsmannschaft in Deutschland) kann man in dem Einführungsartikel unter dem Titel „Zukunftshoffnung“ lesen: „Die Monate Oktober, November, Dezember werden sich uns und hoffentlich auch unseren Nachkommen als historische Tage einprägen. In diesen Tagen hat die Bevölkerung in jenem Teil Europas, der uns besonders nahe steht, in seltener Einmütigkeit und Zähigkeit mit friedlichen Mitteln dafür gesorgt, dass die Unfreiheit in Ungarn, Polen, der Tschechoslowakei und nicht zuletzt im anderen Teil Deutschlands allenthalben den Rückzug antreten musste.“

Erste Kontakte

In den Landsmannschaften hat man auch die Initiativen der Deutschen in der Tschechischen Republik über Gründung des Verbandes der Deutschen in der Tschechoslowakei verfolgt. Ab Frühling 1990 haben sich in der Slowakei die Familien- und Personalbesuche aus Deutschland und Österreich deutlich vermehrt und auch die Karpatendeutschen reisten öfter zu den Verwandten in diese Länder. In der Karpatenpost konnte man im Mai 1990 einen Artikel mit dem Titel „Warum fahren wir nicht rüber“ von L. Krompasky lesen. Er schreibt darin: „Warum fahren wir nicht rüber und geben den Leuten dort durch unsere Anwesenheit Halt und sagen ihnen persönlich: Wir sind auch noch da! (…) 45 Jahre konnten sie nicht in den Westen. Jetzt haben sie die Möglichkeit, an unseren Heimattreffen in Karlsruhe oder an unserem Ortstreffen teilzunehmen (…) Sie werden uns dafür sehr dankbar sein (…) Wir sind auch noch da und ihr gehört immer noch zu uns.“

Offizielle Kontakte

Aus den individuellen Begegnungen entwickelten sich auch die ersten offiziellen Kontakte der Karpatendeutschen Landsmannschaft mit den slowakischen Stellen. Auf der Kulturtagung der Karpatendeutschen Landsmannschaft in Stuttgart am 4. und 5. Mai 1990 haben Pavel Pollák und Anton Snahničan teilgenommen. Beide wurden offiziell vom slowakischen Ministerpräsident Milan Čič zu der Tagung entsandt.

Karpatenpost Juni 1990
Die Karpatenpost-Ausgabe vom Juni 1990

Die Begegnung überschritt den Bereich der Landsmannschaft, denn sie hat sich auch auf die Beziehungen zwischen Baden-Württemberg und der Slowakischen Republik ausgewirkt.

30 Jahre Karpatendeutscher Verein
Isidor Lasslob, Pavel Pollák, E. Streck und A. Snahničan

Diesem Besuch hat der Bundesvorsitzende der Karpatendeutschen Landsmannschaft in Deutschland Isidor Lasslob sehr hohe Bedeutung zugeschrieben. Im Vortrag von Dr. Pavel Pollák, der im Auftrag des Ministerpräsidenten der slowakischen Regierung Milan Čič gehalten wurde, bezeichnete Pollák die Vertreibung der Karpatendeutschen als eine Tragödie, deren Wunden noch nicht verheilt seien. Als karpatendeutscher Gast aus der Slowakei wurde zu dieser Veranstaltung Franz Keppel (aus Martin) eingeladen.

Er hat über das Leben der Karpatendeutschen in der Slowakei in den Jahren 1945 bis 1989 berichtet. Dabei sagte er: „Wenn wir nach Europa zurückkehren wollen, haben wir viel aufzuholen. Um das Deutschtum zu erhalten, hauptsächlich dort, wo es noch existiert, müsste eine Kulturorganisation der Deutschen ins Leben gerufen werden (…) Ich bin fest davon überzeugt, dass auch die slowakische Regierung daran interessiert sein wird, uns die Möglichkeit zu geben, dass wir uns organisieren.“

Entscheidende Impulse zur Gründung eines selbständigen KDV

Nach dem Treffen in Stuttgart hat sich der Bundesvorsitzende Isidor Lasslob (gebürtig aus Neuhau bei Krickerhau) entschlossen, einen Überblick über den Bedarf und die Möglichkeiten an organisatorischen Ansatzpunkten der in der Slowakei lebenden Karpatendeutschen zu gewinnen. Am 4. Juni 1990 hat er den Ministerpräsidenten Milan Čič besucht, wo er die Lage der in der Slowakei lebenden Deutschen angesprochen hat. Er hat auch die Bitte um Hilfe bei der Pflege der deutschen Sprache und Kultur übermittelt, angesprochen wurden auch einige Punkte der gemeinsamen Geschichte. Von dem Ministerpräsidenten erhielt er die Zusage, dass – falls die in der Slowakei lebenden Deutschen für sich eine Organisation finden – man diese registrieren werde und dass die Regierung die gewählten Vertreter dieser Organisation als Sprecher der dort lebenden Karpatendeutschen anerkennen werde.

I. Lasslob hat sich am 5. Juni 1990 mit mehreren Deutschen in Preßburg getroffen, am 7. Juni traf er sich in Krickerhau mit einigen Hauerländern, dann hielt er am 10. Juni einen Vortrag in Kesmark. Diese Reise von I. Lasslob in die Zips war für die weitere Entwicklung der Gründung der karpatendeutschen Organisation maßgeblich. Er war der Meinung, dass die Lage der Karpatendeutschen in der Slowakei sich wesentlich von der Lage der Deutschen in der Tschechischen Republik unterscheidet und dass man eine Lösung finden soll, die den eigenen Leistungen und Eigenarten der Karpatendeutschen in der Slowakei entspricht. Seiner Vorstellung nach sollte man einen selbständigen Verband der Deutschen in der Slowakei gründen.

Anregungen der Landsleute

Nach seiner Rückkehr vorbereitete I. Lasslob eine Liste des Vorbereitungsausschusses mit 18 Personen aus vier Regionen (Pressburg, Hauerland, Oberzips, Unterzips) zur Gründung „eines Deutschen Vereins in der Slowakei“.

30 Jahre Karpatendeutscher Verein
O. Marczy und I. Lasslob

Schon am 9. Juli 1990 sendeten Isidor Lasslob als 1. Bundesvorsitzender und Oskar Marczy als 2. Bundesvorsitzender im Namen des Bundesvorstandes an diese Personen ein Schreiben, in welchem hat der Bundesvorstand „(…) mit Freude und Genugtuung zur Kenntnis genommen, dass nach den geänderten politischen Verhältnissen (…) die noch dort lebenden Deutschen sich auch organisatorisch zusammenschließen wollen, (…) und die Deutschen in der Slowakei in einem eigenständigen Verein zusammenschließen und dies auch im Vereinsnamen zum Ausdruck bringen“. Diese Empfehlungen des Bundesvorstandes der Karpatendeutschen Landsmannschaft vom 9. Juli 1990 waren sicher einer der wichtigsten Impulse für die Vorbereitungen zur Gründung des selbständigen Karpatendeutschen Vereins in der Slowakei.

O.P.