
95 und noch immer jung
Brauchen Sie zum Lesen oder fürs Autofahren eine Brille? Unser langjähriges Ober-Metzenseifner KDV-Mitglied Johann Schürger kann auf so ein Hilfsmittel verzichten. Der Naturfreund und leidenschaftliche Jäger schoss vor sechs Jahren seinen letzten Rehbock in den Wäldern um Metzenseifen. Vor sechs Jahren, das war im Jahr 2019. So lange her? Ja, vielleicht, aber da war er fast 90 Jahre jung und nahm Abschied von der Jägerei. Diese hatte er in seiner freien Zeit 70 lange Jahre mit großer Verantwortung und viel Freude betrieben. Aber nicht nur das gibt es zu seinem 95. Geburtstag, den er am 25. Januar beging, zu berichten.
Wie sein Vater und Großvater musste er sich von klein auf alles hart erarbeiten. Von diesen hatte er gelernt, dass eigene Arbeit und eigenes Streben der Schlüssel zum Erfolg ist. Das ist aber besonders schwierig, wenn man in eine Zeit des Krieges und der Vertreibung hineinwächst. Als Ältester der drei Söhne nahm er die Ereignisse der Vertreibung Metzenseifner Familien sehr bewusst wahr. Er erlebte die Flucht vor Gewalt gegen die seit Generationen dort lebenden Menschen mit deutschen Wurzeln und machte schreckliche Erfahrungen. Die Gewalt setzte sich während der erzwungenen Aussiedlung auf den Transporten fort, das Gepäck wurde geplündert, Krankheit und Erschöpfung ließen besonders Alte und Säuglinge sterben. Auf dem Weg durch Tschechien wurde die Gruppe der aus Metzenseifen Vertriebenen mit den Familien Schürger, Lacher und Gašpar gestoppt und zurückgeschickt. Diese Ereignisse schweißten nicht nur die Erwachsenen, sondern auch deren Kinder, neben Johann dessen zwei Brüder Walter und Arnold sowie die ebenfalls jüngeren Viktor Lacher und Hans Gašpar, für immer zusammen.

Seine deutschen Wurzeln störten nicht, als man ihn zum Dienst in die tschechoslowakische Armee einberief und in Martin zum Panzerfahrer ausbildete. Wohl aber beim Versuch, einen Führerschein für das Fahren eines Autos zu erwerben. Er blieb hartnäckig und bemühte sich um den Motorrad-Führerschein. Das gelang. Schließlich musste der missgünstige Behördenleiter ihn auch zur Prüfung für den PKW-Führerschein zulassen.
Durch Arbeit und Fleiß erfolgreich
Johann erlernte den Beruf des Maschinenschlossers, den er dann 42 Jahre ausübte. Er heiratet Maria Stark und kann sich heute über drei Söhne, vier Enkel und einen Urenkel freuen. Für den Bau eines eigenen Hauses musste er einen Kredit aufnehmen. Er hasste Schulden, aber einen anderen Weg gab es nicht. Bis er den Kredit abgezahlt hatte, kannte er keinen Feierabend. Dabei fand er auch Zeit, um seiner Liebe zur Natur, zu Wald und Wild, nachzugehen.
Herzenssache war für ihn der Erhalt und die Pflege der Pflanzen- und Tierwelt. Maßnahmen, die für ein Gleichgewicht der Tierarten sorgen, waren für ihn als Mitglied des Jagdschutzvereins der Tschechoslowakei und später der Slowakei Hauptaufgaben. Er arbeitete bei der Einrichtung von Futterstellen mit, pflanzte Bäume nach und sicherte die Begehbarkeit der Waldwege. Auch die Jagd ist Teil dieser Arbeit. Marder zum Beispiel haben ihre Daseinsberechtigung, wenn sie sich aber zu stark vermehren, richten sie enormen Schaden an. So jagen Marder etwa Eichhörnchen und Eichelhäher und bedrohen deren Bestand. Johann Schürger half als Jäger und mit speziellen, von ihm modifizierten Fallen bei der Regulierung des Marderbestandes. Für seine Verdienste erhielt er die Gedenkmedaille der Kaschauer Jagdkammer, mit der diese zu ihrem 100-jährigen Bestehen die aktivsten Mitglieder auszeichnete.

Genannt werden müssen an dieser Stelle seine Arbeit im Vorstand der KDV-Ortsgruppe und für die Ober-Metzenseifner Maria-Magdalena-Kirche. Er bereicherte die Arbeit des Karpatendeutschen Vereins nicht nur mit seinen Ideen und Erfahrungen, er war lange Zeit auch Mitglied des Hummelchors und wenn sein handwerkliches Können und Geschick gebraucht wurde, war er da. Als es um Tonaufnahmen zum Bewahren des lokalen mantakischen Dialekts ging, war er sofort bereit. Seine Stimme ist seitdem auf www.mantakisch.de zu hören. Für die Renovierung der Kirche sammelte er persönlich Spenden. Dank seiner vielen Kontakte und guter Argumente kamen achtbare Beträge zusammen. Dass seine vielseitige Arbeit anerkannt wurde, beweist eine große Zahl an Medaillen, Dankschreiben und Ehrenurkunden.
Geburtstagsfeiern mit Familie und Freunden
Seinen 95. Geburtstag feierte Johann gleich zweimal: einmal mit den engsten Verwandten und ein paar Tage später noch einmal, mit seinen Freunden im Jägerpub. Natürlich ließen sich es die Mitglieder des Hummelchores nicht nehmen, ihm musikalisch zu gratulieren. Mit allen Sängerinnen und den anderen weiblichen Gratulanten – insgesamt 18 – machte er ein Tänzchen. Die Texte der von Laci Medzensky auf dem Akkordeon gespielten deutschen Lieder, es waren etwa 40, kannte er gut und sang sie mit. Es war für alle eine außergewöhnliche Geburtstagsfeier!


Leiterin des Hummelchors, Darinka Ivanová




Ober-Metzenseifner KDV-Ortsgruppe

Möge das Feuer noch lange brennen
Von Maurice Chevalier (1888-1972) stammt das Zitat „Ein Mann mit weißen Haaren ist wie ein Haus, auf dessen Dach Schnee liegt. Das beweist aber noch lange nicht, dass im Herd kein Feuer brennt.“ Möge dieses Feuer für unseren Johann Schürger noch lange brennen!
Dr. Heinz Schleusener