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Geschichte der Zips und des Ortes Rissdorf

Viele Generationen meiner Vorfahren väterlicherseits stammen aus Rissdorf, ein in einem der schönsten Bergtäler der Zips gelegener, kleinen Ort. Unermüdlich haben Menschen unterschiedlicher Nationalitäten über 700 Jahre ihre Heimat mühsam aufgebaut. Rissdorf überstand die Weltkriege weitestgehend unbeschadet. Jedoch in Friedenszeiten entschieden die Regierenden, Rissdorf und weitere Gemeinden 1952 einem Truppenübungsplatz zu opfern.

Bereits 1957 war Rissdorf fast vollständig zerstört. Die beiden Kirchen verschwanden in den 80er Jahren. Nicht nur die Deutschen, auch die Slowaken wurden vertrieben. Eine Tragödie, die sich nicht wiederholen darf. Seit einigen Jahrzehnten befasse ich mich mit der Geschichte von Rissdorf und möchte dem Leser in mehreren Beiträgen einen kleinen Einblick verschaffen.

Wappen der Zips
Wappen der Zips

Die Anfänge der Gemeinde

Urwald bedeckte das Hügelland zu Füßen der Hohen Tatra. Ungarische Grenzwachen drangen mit Beginn des 11. Jahrhunderts vom pannonischen Tiefland aus nordwärts vor, schufen urbares Land in den Flusstälern. Erste deutsche Siedler kamen im 12. Jahrhundert und entrissen dem Urwald weiteres Ackerland. Das Königreich Ungarn eroberte so in einem Zeitraum von etwa 250 Jahren das seit langer Zeit undurchdringliche Grenzgebiet zwischen Polen und Ungarn. Verwaltungstechnisch entstand so die Zipser Gespanschaft, die bis 1918 existierte. Ein ungarischer Grenzverhau der 2. Grenzlinie (um 1200) befand sich in Höhe der Ortslage Rissdorf.

Der Ort soll keltischen Ursprungs sein. Ihre Besiedlung durch die Zipser Sachsen datiert man nach dem Tatarenüberfall im Jahr 1241. Im Jahre 1248 gründete man die Bruderschaft der 24 königlichen Pfarrer, wozu auch die Pfarrei Rissdorf gehörte. Mit der Urkunde des Erzbischofs Philipp von Gran (Esztergom) aus dem Jahr 1268, mit der die Abgaben der Pfarreien an den Zipser Probst geregelt wurden, wird Ruzkin (Rissdorf) erstmalig erwähnt.

Zips Eroberung
Eroberung des Zipser Landes

Um 1340 gründete sich der Bund der 24 königlichen Zipser Städte. Dem Städtebund stand der Zipser Graf vor, der von den Richtern der Mitgliedsgemeinden, dazu gehörte auch Rissdorf, gewählt wurde. Der Bund erhielt seine Selbstverwaltung, die etwa derjenigen der königlichen Freistädte entsprach. Seit 1370 haben die 24 Städte des Bundes sowie 20 weitere Zipser Siedlungen ein einheitliches Zipser Recht, als „Zipser Willkür“ bekannt, angewandt. Sichere Rechtsordnung, Privilegien und die Lage der Zips an wichtigen Handelsrouten führten dazu, dass die Städte der Zipser Sachsen bereits im 14. Jahrhundert ihre höchste wirtschaftliche und kulturelle Blüte erlebten. Der Bund der 24 Zipser Städte wurde 1412 aufgelöst, als König Sigismund von Luxemburg aus finanziellen Gründen dreizehn der wohlhabendsten Städte, einschließlich Rissdorf, an den polnischen König verpfändete. Habsburg besetzte die Zips 1722 als Ausgleich für das infolge des Siebenjährigen Krieges an Preußen verlorene Schlesien. Infolge des wirtschaftlichen Rückganges verloren einige Orte ihren Rang als Stadt, so auch Rissdorf. Die Selbstverwaltung der Zipser Städte wurde mit der Gründung von 64 Komitaten 1876 in Ungarn aufgehoben.

Die Industrialisierung und ihre Folgen

Die fortschreitende Industrialisierung verursachte soziale Veränderungen, die Abwanderungen tausender Deutscher in andere Teile Ungarns, aber auch nach Nordamerika nach sich zogen. Unmittelbar nach dem Ersten Weltkrieg wurden nur noch 38.434 Deutsche (22 Prozent) und 97.077 Slowaken (56 Prozent) in der Region gezählt. Gegen diesen Trend waren in Rissdorf die Deutschen mit 412 Einwohnern (70 Prozent) vorherrschend.

Landwirtschaft und der Holzhandel waren die Haupterwerbszweige. Bereits im 16. Jahrhundert in den Städten gegründete Gymnasien und sog. Brot- oder Schreibschulen in den Dörfern zeugen vom entwickelten Bildungswesen in den deutschen Siedlungsgebieten. National und international anerkannte Gelehrte wie Johann Unger, Michael Stark, Johann und Julius Gretzmacher, Friedrich Scholtz, Samuel Pollak und Wilhelm Schmiedt stammten aus Rissdorf.

Reinhard Scholtz

(Kontakt: reinhard (at) familie-scholtz.de)