Dreisprachiges Kirchenfest in Bruck
Am 24. September 2023 fand im ehemaligen Bruck, heute Most pri Bratislave, ein dreisprachiges Kirchenfest statt. Im Zeichen der Versöhnung feierten es deutsche Vertriebene mit der heutigen slowakischen und ungarischen Bevölkerung des Ortes gemeinsam. Der Gottesdienst war zugleich eine Profess- und Priesterjubiläumsfeier des Seelsorgers der „Brucker“, des Wiener Salesianerpaters Alois Sághy.
Die traurige Geschichte der Brucker ist wohl bekannt. Zur Mittagszeit des 3. Juli 1945 wurden um die 2.000 deutschsprachige Bewohner des Ortes gewaltsam aus ihren Häusern geholt und nach Preßburg ins Aufenthaltslager in der Patronenfabrik getrieben. Sie durften nur das Nötigste mitnehmen. Nach wochenlanger Inhaftierung wurden sie über die Grenze nach Österreich getrieben. Insgesamt wurden nach dem Krieg mehr als 120.000 Karpatendeutsche infolge der sogenannten „Beneš-Dekrete“ aus ihrer Heimat zwangsvertrieben.
Das Fest in Bruck, an dem rund dreißig Personen teilnahmen, begann am Friedhof der Gemeinde. Ein Schleier unangenehmen Regens begleitete die Erinnerung an verstorbene Großeltern, Eltern, Brüder und Schwestern, Tage der Verzweiflung und Mutlosigkeit. Pater Alois Sághy und der Obmann der Karpatendeutschen Landsmannschaft in Österreich, Karl Putz, sprachen über die Zeit vor 78 Jahren.
Feier des Jubiläums von Pater Alois Sághy
Es folgte die heilige Messe in der Brucker Herz-Jesu-Kirche. Sie wurde vom Salesianerpater Alois Sághy zelebriert, der sein 70-jähriges Ordens- und 60-jähriges Priesterjubiläum feierte. Der Wiener Domdekan Karl Rühringer, der selbst ein aus Südmähren vertriebener Deutscher ist, hielt die Predigt. In ihr zeichnete er den Werdegang des jungen Heimatlosen, der den Ruf Gottes verspürte und ihm folgte. Er habe sich stets dafür eingesetzt, dass Menschen in Österreich nicht nur geduldet, sondern als Schwestern und Brüder willkommen sind.
Weiter führten der ehemalige Brucker Pfarrer Marian Červený und der aus einer Vertriebenen-Familie stammende Diakon Klaus Rieger die Anwesenden durch den Gottesdienst. Der ehemalige Linzer Bischof Ludwig Schwarz, der auch zu den Vertriebenen gehört, schickte Grußworte.
Den Karpatendeutschen Verein repräsentierte bei der Feier sein Vorsitzender Dr. Ondrej Pöss, die Vorsitzende der Region Unterzips Erika König, der Vorsitzende der Region Preßburg RNDr. Michael Stolár, die Ortsgruppenleiterin Preßburg Ing. Judita Kubincová sowie weitere Mitglieder der Region Preßburg.
Unser Vereinsvorsitzender würdigte den Jubilar und überbrachte auch Grußworte der Vorsitzenden der Karpatendeutschen Landsmannschaft in Deutschland, Brunhilde Reitmeier-Zwick. Dr. Ondrej Pöss warf n seiner Ansprache einen Blick auf das Leben des Priesters: „Mit 10 Jahren musste Alois Sághy nach dem Kriegsende mit seiner Familie aus Bruck fliehen, alles hinter sich lassen, neu anfangen. Doch seine Familie hatte Glück im Unglück: In Wien-Neuerdberg fand der kleine Alois nicht nur eine neue Heimat, sondern hier wurde auch der Grundstein für sein gesamtes späteres Leben gelegt.“ Da ihn die Arbeit mit jungen Menschen interessierte, trat Sághy 1953 in den Orden der Salesianer Don Boscos ein. Er studierte Theologie in Wien und Linz und empfing schließlich 1963 die Priesterweihe. Er wirkte Jahrzehnte als Lehrlingsseelsorger und Flüchtlingsbetreuer.
Versöhnung und Erinnerung
Die Versöhnungsbereitschaft der Vertriebenen aus Bruck an der Donau und deren Nachfahren an der Spitze mit dem Jubilar sei laut dem KDV-Vorsitzenden das beste Beispiel dafür, dass sich ein gemeinsam erlebtes Trauma nur durch Dialog und ständige Versöhnungsarbeit in ein Fundament für Frieden in Gegenwart und Zukunft verwandeln könne. Um den Frieden zu erhalten, sei es notwendig, in die Vergangenheit zu schauen. Die Überzeugung des Salesianerpaters Alois Sághy, dass „Friede Erinnerung braucht“, sei auch eine Botschaft an uns alle. Dr. Ondrej Pöss gratulierte dem Pater ganz herzlich im Namen aller Karpatendeutschen und führte am Ende ein Gedicht der karpatendeutschen Dichterin Helga Blaschke-Pál an: „Es mag der Herr dem Jubilar in Überfülle seinen Segen geben, dem Werk und auch dem langen Leben, dass er die Tage seiner Gnade noch vermehre zu unserem Heil und Gottes Ehre!“
Walter Roth, ein Vertreter der nächsten Generation der vertriebenen Brucker, ergänzte in seinem Beitrag, dass Pater Alois Sághy stets von der Überzeugung getrieben wurde, dass Frieden Erinnerung sowie freundschaftliche Versöhnung benötige. Diese Freundschaft mit dem heutigen Bruck bezeichnete er als ein explizites Ziel der Brucker-Treffen. Als Symbol dieser Freundschaft nannte er das Erinnerungskreuz in der Brucker Pfarrkirche sowie das Kreuz mit Gedenklinde am Grenzübergang Kittsee sowie mehrere von Pater Sághy herausgegebene Bücher, welche die Erlebnisse der Vertriebenen, ihrer Nachgeborenen und heute in Bruck lebender Menschen dokumentieren. Das 2015 veröffentlichte Buch „70 Jahre danach: Bruck an der Donau – unvergessen“ wurde jetzt auch in slowakischer Sprache herausgegeben und diesen Sonntag erstmals präsentiert. Den Druck finanzierte die Gemeinde Bruck, deren Bürgermeisterin Katarína Rentková auch bei dem Kirchenfest dabei war. Ebenfalls anwesend war die Übersetzerin Lucia Čerňanská, Enkelin einer Bruckerin, die aufgrund einer Krankheit damals in der Slowakei bleiben musste. Nach dem Gottesdienst gab es ein gemeinsames Mittagessen für alle im Gemeindesaal von Bruck.
RNDr. Michal J. Stolár