Pfarrer und Historiker Ján Vencko
Wenn eine Gemeinde einem Geistlichen noch mehr als 50 Jahre nach dessen Tod gedenkt, dann muss es sich um einen besonderen Menschen handeln. Eine solche Persönlichkeit ist Ján Vencko aus Schawning/Spišský Štiavnik, der sich auch als Historiker, Archäologe und Schriftsteller große Verdienste erwarb.
Haben Sie in Ihrem Leben den Schrecken des Krieges erlebt? Ján Vencko, der am 12. November 1869 geboren wurde und am 16. April 1957 starb, musste wie viele andere seiner Generation das Leid zweier Weltkriege und deren Folgen überstehen. Darüber hinaus war sein Leben zwischen 1898 und 1902 durch eine Tuberkuloseerkrankung bedroht.
Studium im slowakischen Vatikan
Nach der Schulzeit studierte Ján Vencko in Spišská Kapitula Theologie. Dieser Ort, das Zipser Kapitel, war zu dieser Zeit eigenständig. Seit 1948 gehört er zu Kirchdrauf/Spišské Podhradie. Hier befindet sich seit 1776 der Sitz des Bistums Zips/Spiš.
Für das Zipser Kapitel mit der Kathedrale des Heiligen Martin und weiteren, Jahrhunderte alten Bauwerken, finden wir die Bezeichnung „slowakischer Vatikan“ oder Vatikan des Ostens. Die theologische Ausbildung leitet heute die katholische Universität Rosenberg/Ružomberok.
Obwohl deren theologische Fakultät in Kaschau/Košice angesiedelt wurde, hat das theologische Institut weiterhin seinen historischen Sitz im ehrwürdigen Zipser Kapitel.
Schwere Krankheit
Aber zurück zu Ján Vencko. Im Jahr 1893 erhielt er die Priesterweihe. Es folgte die Tätigkeit als Kaplan in Hybia, danach (1894) in Velična und 1897 in Spišské Bystré. Hier erkrankte er an Tuberkulose. Obwohl Robert Koch bereits 1882 den Erreger der Krankheit entdeckte, standen wirkungsvolle Medikamente erst 40 Jahre später zur Verfügung.
In einer Zeit, in der jeder zweite Todesfall durch Tuberkulose bewirkt wurde, erhielt der stark geschwächte 28-jährige Ján Vencko zuhause in Schawnig von 1898 bis 1902 Pflege und überstand schließlich die Krankheit.
Begeisterung für Geschichte
Während seiner langen Krankheit beschäftigte er sich mit alten Dokumenten und Büchern, die in der Zisterzienserabtei von Schawnig bislang wenig Beachtung gefunden hatten. Hier muss sein Interesse für Geschichte und Archäologie entstanden sein.
Die gefundenen Unterlagen begeisterten ihn dermaßen, dass er sie nebenbei auch zugriffsfähig neu ordnete. Aus seinen Aufzeichnungen stellte er in langjähriger Arbeit eine Dokumentation über die Geschichte der Abtei zusammen. Diese veröffentlichte er 1927 als „Dejiny Štiavnického opátstva na Spiši“, einem 357 Seiten umfassenden Buch. Das Buch ist so bedeutsam, dass es 2004 neu aufgelegt wurde.
Fast 50 Jahre in Bijacovce
Nach seiner Genesung wurde Ján Vencko 1902 Kaplan in Blatzowitz/Bijacovce. Für eine kurze Zeit verließ er den Ort, um als Pfarrer in Slatvina zu arbeiten. Bereits 1905 kam er nach Bijacovce zurück und war dort bis zu seinem Ruhestand im Jahr 1952 tätig.
Archiv des Grafen Csáky
In Bijacovce befand sich (neben dem in Hatkotz/Hodkovce) ein Herrenhaus des Grafen Csáky. Die Familie Csáky war nach Johann Giskra (15. Jh.), den Familien Zapolya und Thurzo seit 1636 Besitzer der Zipser Burg bis zu deren Verstaatlichung 1945.
Für Vencko war die Beziehung zur gräflichen Familie wichtig, denn von deren wirtschaftlicher Hilfe war die Kirche abhängig. Als gutes Bindeglied erwies sich das Archiv der Csákys, eine Fundgrube für seine geschichtlichen Forschungsarbeiten.
Die Ergebnisse der Arbeit im gräflichen Archiv sind in seinem 1942 erschienenen, 384 Seiten starken Werk „Z dejín okolia Spišského Hradu“ zu finden.
Nicht nur Pfarrer und Historiker
Vencko beließ es nicht beim Stöbern in staubigen Archiven, er ging hinaus und suchte nach archäologischen Belegen für die geschichtlichen Abläufe. Er sammelte neben diesen auch Münzen und Mineralien. Das führte zu einer umfangreichen Sammlung, die er dem Museum der Diözese Spišská Kapitula schenkte.
Auch das Kirchgebäude in Bijacovce betrachtete er wie kein anderer vor ihm. So wurde er im Jahr 1909 auf bisher unerkannte seltene Fresken aufmerksam. Vencko war zudem Gärtner und Imker, schrieb für verschiedene Zeitungen und Zeitschriften, meist unter dem Pseudonym „Štiavnický“. Er beherrschte sieben Sprachen und las besonders gern lateinische, ungarische sowie deutsche Bücher.
Vorbild und Vertrauter
Seine Gemeinde vertraute ihm, er war ihr ein Vorbild. Alle Gemeindemitglieder kannte er beim Namen. Er ging zu ihnen, um ihre Sorgen und Nöte zu hören und um ihnen zu helfen. Die Erinnerung an Ján Vencko hält seit 1972 eine Gedenktafel mit Kopfrelief wach – an seinem Geburtshaus, in dem er arbeitete und auch starb.
Dr. Heinz Schleusener
(Der Bürgermeisterin von Spišský Štiavnik, Frau Mária Kleinová, danke ich für ihre Unterstützung.)