Berühmte Zipser: Laurenz Bodenlos

Berühmte Zipser: Der Arzt Laurenz Bodenlos

Die Lebensgeschichte des am 5. August 1864 in Metzenseifen/Medzev geborenen Laurenz Bodenlos (ung. Lörincz Bodenlosz) ist in verschiedener Hinsicht interessant.

Der junge Dr. Laurenz/Lörincz Bolgár
Der junge Dr. Laurenz/Lörincz Bolgár

Seine Eltern waren der Schmiedemeister Simon Bodenlos (1801-1873) und Catharina Flegner (1836-1915). Im Alter von 24 Jahren ließ er seinen Namen „magyarisieren“ und hieß von nun an Bolgár.

Bei Laurenz’ Geburt war sein Vater, der sehr spät geheiratet hatte, bereits 63 Jahre alt. Für seine Mutter Catharina war es die zweite Ehe, nachdem ihr erster Mann Jakob Gedeon schon früh verstorben war. Die Volksschule absolvierte Laurenz in Metzenseifen. Als er neun Jahre alt war, starb sein Vater. Die Mutter ermöglichte dem hochbegabten Sohn das Gymnasium in Rosenau/Rožňava und anschließend das Medizin-Studium in Budapest.

Namensänderung während Studium

Mit 19 Jahren, nach nur kurzer Zeit in Budapest, beantragte er im Jahr 1883 beim ungarischen Innenministerium die Änderung seines (deutschen) Nachnamens in den typisch ungarischen Namen Bolgár. Dass dies bestätigt wurde, war in der Zeit der sogenannten Magyarisierung sicher. Trotzdem bekam er die offizielle schriftliche Genehmigung erst 1888.

Seine Leistungen an der Budapester Universität waren sehr gut. Man empfahl ihm daher, an der Wiener Universität weiterzustudieren und dort den Doktortitel zu erwerben. In Wien setzte er das Studium bereits unter dem Namen Bolgár fort. Im Jahr 1889 erhielt er die Doktorwürde.

Die 1888 vom Innenministerium genehmigte Namensänderung von Bodenlosz zu Bolgár wurde in das Geburtsregister eingefügt.
Die 1888 vom Innenministerium genehmigte Namensänderung von Bodenlosz zu Bolgár wurde in das Geburtsregister eingefügt.

Arbeit und Heirat in Krasznik-Vajda

Seine erste Arbeitsstelle 1889 war die eines Kreisarztes in Krasznik-Vajda, dem heutigen Krasznokvajda. Dieser Ort liegt etwa 30 Kilometer Luftlinie südlich von Metzenseifen und südlich der slowakisch-ungarischen Grenze. Hier war er bis zum Juni 1894 tätig. Zugleich übte er das Amt des Vizepräsidenten der Budapester Ärztekammer aus.

In Krasznik-Vajda lernte er die 1870 geborene Josepha Theresia Galambos kennen, mit der er die Ehe einging. Laurenz wünschte sich Kinder. In den ersten Ehejahren stellte sich eine schwere hormonelle Störung bei seiner Frau Josepha heraus, die eine Schwangerschaft unmöglich machte. Die Krankheit verschlimmerte sich immer mehr, Josepha musste in einer Klinik in Budapest behandelt werden. Laurenz erhoffte sich von den dortigen Fachärzten Hilfe. Diese fanden jedoch kein Mittel gegen die tückische Krankheit, Josepha starb bereits nach kurzer Zeit.

Zurück in Metzenseifen

Im Jahr 1894 kehrte Dr. Bolgár nach Metzenseifen zurück – als Arzt der Kreiskrankenkasse. Er betreute die Menschen in den Orten Unter- und Ober-Metzenseifen, Grube Lucia/Luciabaňa, Joos/Jasov, Poproč und Rudník. Zeitweise übernahm er zusätzlich auch die Stelle des Allgemeinmediziners in Stoß/Štós. Es wurden 25 Jahre allseits anerkannter medizinischer Tätigkeit in der Heimatstadt und den Nachbarorten.

Dr. Bolgár war ein sympathischer, charmanter Mensch und nie langweilig. Frauen umschwärmten ihn, nicht nur wegen seines Aussehens und Könnens als Arzt. Als verwitweter, gut bezahlter Kreisarzt stellte er eine Haushälterin, die 1881 geborene Maria Zöldy, verheiratete Pukelnik, ein. Sie war eine sehr praktische und auch ansehnliche Frau. Ihr Mann, Viktor Pukelnik, wollte wie so viele in dieser Zeit in den USA mehr Geld als im damaligen Ungarn verdienen. Er kam aber nicht wieder zurück. Seine Frau Maria musste nun sehen, wie sie sich und ihre zwei Kinder aus dieser Ehe ernähren konnte.

Dr. Laurenz/Lörincz Bolgár im Jahr 1896
Dr. Laurenz/Lörincz Bolgár im Jahr 1896

Erfüllter Kinderwunsch

Aus dieser Konstellation ergab sich eine engere Beziehung des Arztes mit seiner Haushälterin. Sie führte zu zwei Kindern: Sohn Ernst, geboren 1912, und Tochter Edith, geboren 1918. Da Marias Ehemann noch lebte und kein Interesse an einer offiziellen Trennung hatte, konnte die Beziehung zwischen Laurenz und Maria nicht durch Eheschließung legalisiert werden. Dr. Laurenz Bolgár tat das, was er in dieser Situation tun konnte – er adoptierte die beiden Kinder und setzte sie als seine Erben ein.

Dem Glück folgt schreckliche Diagnose

Die Geburt und das Heranwachsen seiner Kinder machte aus Dr. Laurenz Bolgár einen der glücklichsten Menschen der Welt. Endlich hatte er das, was er sich schon immer wünschte, ein Zuhause, eine Familie. Dr. Bolgár, der im fortgeschrittenen Alter von 48 beziehungsweise 54 Jahren Vater wurde, kümmerte sich vorbildlich um Sohn und Tochter.

In diesem neuen Glück entdeckte Dr. Bolgár an seinem Hals eine Geschwulst. Sie vergrößerte sich langsam, aber stetig. Als guter Diagnostiker ordnete er die Geschwulst als bösartig ein. Um ganz sicherzugehen, bat er einen seiner früheren Professoren und späteren Kollegen um fachlichen Rat. Er beschrieb die Details sehr genau, gab aber an, es würde sich um einen seiner Patienten handeln.

Die Antwort des Kollegen kam ziemlich schnell und enthielt diesen entscheidenden Satz: „Lieber Lörincz, ob Du Deinen Patienten weiterhin so behandelst wie bisher oder ob Du die Geschwulst herausoperierst, ist völlig egal. So oder so, er hat nur noch wenig Zeit.“

Kopf der Berufungsurkunde als Kreisarzt
Kopf der Berufungsurkunde als Kreisarzt

Doch Operation

Laurenz/Lörincz wollte noch das Aufwachsen seiner Kinder miterleben und hoffte auf ein Wunder. Er ließ sich die Geschwulst operativ entfernen. Doch es half nicht. Er starb am 17. April 1919, kurz vor dem ersten Geburtstag der Tochter Edith. In einem Schreiben des Bürgermeisters von Unter-Metzenseifen, Michael Kozmann, aus dem Jahre 1933 heißt es über den früheren Kreisarzt: „Er erfüllte mehr als seine Pflicht, er opferte sich für seinen Beruf.“

Laurenz Bolgár glaubte für Frau und Kinder gut vorgesorgt zu haben. Er hinterließ ein beachtliches Vermögen. Um dessen gute Verwaltung sicherzustellen, ernannte er eine ihm vertrauenswürdig erscheinende Person, den Matej Trebunya, als Treuhänder. Trebunya war ebenfalls vermögend, seine Frau war die Cousine von Maria Zöldy. Alles schien gut geregelt.

So war es aber nicht. Als das Geld gebraucht wurde, hatte es Matej Trebunya für sich ausgegeben. Mit starkem Willen und großen Anstrengungen schaffte es Maria Zöldy trotzdem, den Kindern eine höhere Bildung zu ermöglichen.

Der Name Bodenlos kommt in die Familie zurück

Der Sohn Ernst studierte am deutschen Gymnasium in Kesmark und hatte sich danach für eine Laufbahn in der Firma S. Pöhm & Comp. entschieden. Der Krieg zerstörte diese Pläne, er wurde als Soldat eingezogen. Nach dem Krieg sah er seine Zukunft in Amerika und wanderte in die USA aus. Dort starb er im Jahr 1988.

Seine Schwester Edith, die das Gymnasium in Göllnitz/Gelnica besuchte, musste als junge Frau ebenfalls die Schrecken der Kriegszeit und die Benachteiligung der Deutschen in den Nachkriegsjahren erfahren. Sie blieb in Metzenseifen und gründete dort eine Familie.

Eher Zufall ist der Name ihres Ehemannes: Bodenlos. Mit der Heirat des Georg Bodenlos (1907-1986) kam der ursprüngliche Name in diesen Zweig der Familie wieder zurück. Edith (Bolgár) Bodenlos starb 1992 im Alter von 80 Jahren.

Dr. Heinz Schleusener