Berühmte Zipser: Ladislaus Ujházy
In dem 60-bändigen „Biographischen Lexikon des Kaiserthums Oesterreich“ des Constantin von Wurzbach (1811- 1893) erfahren wir, dass Ladislaus Ujházy in der Zips geboren und Insurgent, d.h. Teilnehmer eines bewaffneten Aufstandes, war. Damit ist der ungarische Freiheitskampf 1848/1849 gemeint, nach dessen Niederlage Ujházy nach Amerika floh. Er starb 1870 in San Antonio, Texas.
Im Karpatenbatt 5/2022 berichteten wir über Johan Ferdinand Ujházy (1722-1757). Ladislaus Ujházy ist der Enkel von Johans älterem Bruder Daniel (1720-1778). Daniel, wie sein Bruder in Hollo-Lomnitz/Holumnica in der Zips geboren, begründete die Linie der Ujházys in Budamér, dem heutigen Budimir.
Ladislaus kam am 20. Januar 1795 als Sohn von Samuel Ujházy und Polyxena Radvánszky zur Welt. Exakte Belege für Geburtsdatum und -ort existieren nicht. Er absolvierte die Grund- und höhere Schulbildung in Eperies/Prešov, studierte danach Philosophie in Debrezin/Debrecen und Jura in Sárospatak.
Sehr früh heiratete er Theresia Várady-Szakmary (1799- 1851), eine Enkeltochter des Moritz Benjowski/Benyovszky (1746-1786), eines Soldaten und Abenteurers, der als kurzzeitiger König von Madagaskar (1776) in die Geschichte einging. Ihr erstes Kind wurde am 24. November 1819 geboren, insgesamt zogen sie acht Kinder groß.
Politiker und Soldat
Ladislaus’ Ausbildung war weniger für das Verwalten eines Landgutes geeignet, eher für eine politische Karriere. Es entsprach auch seinen Interessen, sich im öffentlichen Leben zu engagieren. Aus einer evangelischen Familie kommend, hatte er gegen Benachteiligungen durch die katholisch dominierten Institutionen im Komitat Scharosch/Šarišská župa (ung. Sáros vármegye) zu kämpfen. Dazu kam seine Sympathie für ein eigenes, freies Ungarn. Ujházy war von Natur aus gemütlich. Er zeigte dies in der Familie und bei Freunden, selten bei seinen Reden, denen die politischen Gegner oft nur Hohn und Ablehnung entgegensetzten. Manche seiner Ausführungen und Forderungen galten als staatsgefährdend. Im Jahr 1837 wurde er mit István Lovassy (1815-1892) des Hochverrats angeklagt und erst 1840 von den Vorwürfen freigesprochen. Lovassy ertrug das nicht und wurde in der Gefangenschaft wahnsinnig.
Die Massendemonstrationen in Pest und Buda im März 1848 führten zur neuen ungarischen Regierung unter Lajos Batthyány (1807-1849). Ladislaus Ujházy wurde zum Obergespan von Scharosch ernannt. Überliefert ist, dass er in dieser Funktion sich selbst zum Mitglied des Oberhauses, der Magnatentafel, berief.
Den Unabhängigkeitskrieg unterstützte er durch das Aufstellen eigener Einheiten, in denen er zusammen mit seinen beiden ältesten Söhnen im Winter 1848/49 unter General Arthur Görgey kämpfte. Danach übertrug man ihm Funktionen in der Zivilverwaltung, so als Regierungskommissar in Rosenau/Rožnava und schließlich in der Festung Komorn/Komárno. Diese stand unter der militärischen Führung von General Georg Klapka (1820-1892). Die Festung konnte gegen die Übermacht der Österreicher nicht verteidigt werden. Klapka kapitulierte. Ujházy mit einigen Offizieren und auch Klapka verließen Ungarn.
Kein neues Buda in Iowa
Die Flucht rettete vermutlich Ujházy das Leben, denn Batthyány und 13 ungarische Generäle wurden am 6. Oktober 1849 erschossen. Ujházy, von seiner Frau und fünf Kindern und ehemaligen Offizieren der Festung Komorn begleitet, ging ins Exil nach Amerika. Die Ankunft im Dezember 1850 fand große Beachtung. Er wurde vom amerikanischen Präsidenten Taylor empfangen und nutzte dies, um Unterstützung für eine Ansiedlung ungarischer Emigranten zu erbitten. Auch Lajos Kossuth (1802-1894), der am 14. April die Unabhängigkeit Ungarns ausgerufen hatte, rettete sich ins Ausland. Im Jahr 1851 sprach Kossuth in Washington vor dem Kongress der Vereinigten Staaten von Amerika. Die erhoffte militärische Hilfe bekam er nicht, der Kongress beschloss jedoch ein Gesetz, das ungarischen Flüchtlingen erlaubte, sich ohne Kosten auf freiem Land niederzulassen und dort zehn Jahre steuerfrei zu leben.
Noch vor Kossuths Besuch wurde im August 1850 mit dem Aufbau einer Siedlung für ungarische Emigranten begonnen. Dokumente aus dem heutigen Decatur County im US-Bundessaat Iowa belegen, dass Ladislaus Ujházy und Georg Pomutz (1818-1882), ein Hauptmann der ungarischen Revolutionäre und später US-Konsul in Russland, Karten für den Bau einer großen und geräumigen Stadt mit dem Namen New Buda (Neu Buda) erstellt hatten. Das hoffnungsvolle Projekt misslang jedoch. Ujházy konnte zwar eine Poststation einrichten und leiten, aber viele der Siedler waren adlig und körperliche Arbeit nicht gewohnt. Sie verließen New Buda, einige kehrten nach der Amnestie von 1857 wieder nach Ungarn zurück. 1893 lebten in New Buda noch fünf der Gründer. Heute befinden sich an diesem Ort große Maisfelder. An New Buda erinnern nur noch Reste des alten, jetzt zu Davis City gehörenden Friedhofs sowie ungarische Namen wie Varga von in der Umgebung lebenden Nachkommen der ersten Siedler.
Von Iowa nach Sírmező in Texas
Ladislaus’ Frau starb am 6. Oktober 1851, kurz vor ihrem 52. Geburtstag. Ihr Tod traf ihn schwer und war für ihn ein Grund, New Buda zu verlassen. Im texanischen Bexar County kaufte er in der Nähe von San Antonio Land und ließ sich 1853 dort nieder. Durch die Produktion von Zuckerrohr und Baumwolle sicherte er die Existenz seiner Familie. Dem Gebiet gab er den ungarischen Namen „Sírmező“ (Friedhof). Er hatte die sterblichen Überreste seiner Frau mitgenommen und dort erneut begraben. Ihn begleiteten mehrere seiner Freunde aus New Buda. Nicht ans Ziel kam der als Friedrich Christmann geborene, später unter dem Namen Emil Vidor bekannte Poet Frigyes Kerényi (1822-1854). Von wahnhaften Vorstellungen geplagt, starb er auf dem beschwerlichen Weg.
Als Kämpfer für Freiheit verurteilte Ujházy die Sklavenhalterei in dem Südstaat. Hier erlebte er den Beginn des Amerikanischen Bürgerkriegs. Abraham Lincoln, ein Gegner der Sklaverei, wurde 1861 als erstes Mitglied der Republikanischen Partei zum Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt. Elf sklavenhaltende Südstaaten traten daher aus der Union aus. Der folgende, bis 1865 dauernde Krieg führte zur Wiederaufnahme der Südstaaten. Ujházy verbrachte den Hauptteil (1861-1864) dieser Kriegsjahre im italienischen Ancona als von Lincoln berufener US-Konsul. Wo auch immer er sich aufhielt, stets kommentierte er die Ereignisse in Ungarn. Den Ausgleich mit Österreich (1867) lehnte er entschieden ab, ebenso wie eine Rückkehr nach Ungarn. Offensichtlich verzweifelt, beging er am 7. März 1870 am Grab seiner Frau Selbstmord. Von seinen Kindern blieb nur Tochter Helena in San Antonio. Sie wurde eine angesehene Geschäftsfrau. Ihre Geschwister Klará, Tivadar, Lászlo jun. und Farkas kehrten nach Ungarn zurück.
Die Gebeine ihrer Eltern ließen sie nach Budimir überführen. Die Gräber befinden sich in der nicht mehr zugänglichen Familiengruft in der evangelischen Kirche des Ortes.
Dr. Heinz Schleusener