Unternehmer Paul Weszter

Berühmte Zipser: Unternehmer Paul Weszter

Der Name Weszter ist vor allem den Gästen des Sanatoriums Dr. Guhr in Tatranská Polianka und den Kletterern in den Gipfeln der Hohen Tatra bekannt. Weszterheim, der frühere Name von Tatranská Polianka, ist fast schon in Vergessenheit geraten. Die Bergsteiger, die von der Szontagh-Spitze (Kupola, Höhe 2414 m) zur wegen seiner Form Warze (Bradavica, Höhe 2476 m) genannten Erhebung klettern, kommen mit dem Namen Weszter gleich zweimal in Berührung. Sie müssen eine 2409 Meter hohe Erhebung mit dem Namen Weszter-Spitze (Weszterov štít) und einen Berggrat, die Weszter-Scharte (Zvodná lávka), überwinden.

Am 19. März 1843 freuten sich in Groß-Schlagendorf Maria Kulmann und ihr Ehemann, der Bauer Jakob Weszter, über die Geburt von Zwillingen, die sie Paul und Matthias nannten. Das Glück der Familie währte nicht lange. Als die Zwillinge acht Jahre alt waren, starb ihre Mutter. Der Vater heiratete noch im selben Jahr (1851) erneut. Aber auch er starb bereits 1855. Schließlich verlor Paul im Mai 1859 auch noch seinen Zwillingsbruder.

Gute Sprach- und Fachausbildung

Beide Jungen besuchten die Volksschule im Ort und danach das Lyzeum in Kesmark/Kežmarok. Paul lernte durch den Besuch des Gymnasiums in Potok am Bodroch/Šarišský Potok (ung. Sárospatak) auch Ungarisch und später, als er zum Erlernen des Metzgerhandwerks nach Liptau-Nikolaus/Liptovský Mikuláš ging, die slowakische Sprache.

Für seine späteren Vorhaben kam ihm die Zeit, die er bei seiner in Österreich lebenden Tante Julia Lersch geb. Kulmann und deren Ehemann verbrachte, zugute. Er erhielt eine Ausbildung in der Lersch’schen Brennerei und lernte dort vermutlich auch viel über das Brauen von Bier.

Heirat mit Maria Guhr

Das Land, das Pauls Eltern besaßen, wurde nach dem Tod des Vaters verpachtet. Als der Pachtvertrag endete, war Paul Weszter in der Lage, das Bewirtschaften der Felder fortzusetzen. Das tat er mit Unterstützung seiner Frau Maria geb. Guhr. Die am 12. April 1864 geschlossene Ehe mit der am 30. April 1847 geborenen Maria war für Paul ein Glücksfall. Maria unterstützte ihren Mann bei all seinen Ideen und Aktivitäten, ohne sie hätte er seine Vorhaben nicht ausführen können. Durch diese Verbindung entstanden aber auch Verwandtschaften, in denen jeder für den anderen da war und gemeinsam angeschafftes Eigentum auch tatsächlich gemeinsam gepflegt und ausgebaut wurde. Insbesondere waren das Marias Bruder Michael Guhr (1845-1921), Marias Schwester Susanne Guhr (1854-1930) und deren Mann Samuel Nitsch (1848-1888).

Einstieg ins Hotelgewerbe

Von seinem Aufenthalt in Österreich hatte er viele Ideen für die Nutzung des zunehmenden Tourismus, der auch die Hohe Tatra erreicht hatte, nach Groß-Schlagendorf mitgebracht. Nachdem 1871 die Kaschau-Oderberger Bahn fertiggestellt wurde und 1878 die Waagtalbahn die Verbindung von Pressburg bis Trentschin/Trenčin herstellte und diese bald darauf bis nach Sillein/Žilina führen sollte, wurde der Weg von Wien in die Tatra wesentlich leichter. Dazu kamen die Maßnahmen des Ungarischen Karpathen-Vereins zur Unterstützung des Tourismus, wie der Bau von Wanderwegen und Unterkünften. Groß-Schlagendorf war einer der Ausgangspunkte für Wanderungen in die Hohe Tatra, das war im Jahr 1880 für Paul Weszter Grund genug, hier, in seinem Geburtsort, ein Hotel zu bauen und selbst zu betreiben.

Unternehmer Paul Weszter
Das Hotel Weszter in Groß-Schlagendorf

Weszterheim entsteht

Das Hotel Weszter mit seinem umgebenden Park wurde klug geführt und arbeitete wirtschaftlich. So ist es nicht verwunderlich, dass Paul Weszter über weitere Objekte nachdachte. Sie müssten noch näher an den Berggipfeln liegen. Im Jahr 1881 war es so weit. Zusammen mit seinen Schwägern Michael Guhr und Samuel Nitsch kaufte er der adligen Familie Mariássy eine größere bewaldete Fläche nördlich von Gerlsdorf/Gerlachov ab. Auch hier wurde schließlich gebaut: eine 1888 fertiggestellte Touristenunterkunft mit dem Namen Villa Marianna. Paul Wezster, der der 1886 gegründeten Sektion Tatra des Ungarischen Karpathen-Vereins angehörte, lud den Vorstand zu einem Besuch der Villa ein. Man war sich schnell einig, dass diese Villa dort nicht die einzige bleiben sollte und mit ihr ein neuer Besiedlungspunkt entstanden war. Sein ungarischer Name Tátra-Széplak (Wunderschöne Tatra), der deutsche Schönau. Später, als weitere Villen entstanden, sagte man Weszterheim beziehungsweise slowakisch Weszterovo. Nach der Gründung der Slowakei bekam der Ort den heutigen Namen Tatranská Polianka (Tatrawiese).

Unternehmer Paul Weszter
Dieser Teil einer Panoramaansichtskarte der Firma Feitzinger aus dem Jahr 1902 zeigt Weszterheim und die nahen Berge der Hohen Tatra mit ihren damals üblichen Namen. Von links nach rechts: Tupa (2284 m), Kontschista (2532 m), Franz-Josef-Spitze (Gerlach-Spitze, 2655 m), Warze (2476 m), Schlagendorfer Spitze (2452 m).

Ausrichtung auf Tourismus und Medizin

Paul Weszter beließ es nicht beim Bau weiterer Gebäude. Im Mittelpunkt standen für ihn gute Dienstleistungen, von der Unterkunft über die Verpflegung bis zur Unterstützung für Wanderer. Er versorgte die Gäste mit vielen eigenen Produkten bis hin zu selbstgebrautem Bier. Als kluger Unternehmer engagierte er sich mit seinen Schwägern für den touristischen Ausbau der Tatra mit Land, Material und Geld, um zum Beispiel für Bergwanderer die Berghütte Schlesisches Haus (Sliezsky dom) neu und größer zu bauen. Sie wurde 1895 fertiggestellt.

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Anerkennung der Kaschauer Zeitung vom 16. Juli 1901 für Paul Weszter

Seinen Neffen und zugleich Patenkind Michael Guhr unterstützte er bei dessen Medizinstudium und beim Einrichten medizinischer Behandlungen in Weszterheim, das sich nun unter dessen ärztlicher Leitung zu einem Kurort entwickelte (vgl. KB 3/2021, 3/2023 u. 4/2023). Paul Weszter starb am 11. Mai 1921 in Groß-Schlagendorf, wo er auch begraben wurde.

Dr. Heinz Schleusener

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Die Berggipfel um die Weszter-Spitze (Ausschnitt einer Aufnahme der Bergsteiger-Website goat.cz). Die deutschen Namen von links nach rechts: Eistaler Spitze (2628 m), darunter Kleine Visoka (2428 m), Lomnitzer Spitze (2632 m), darunter Szontágh-Spitze (2414 m), Weszter-Spitze (2409 m), Warze (2476 m), Schlagendorfer Spitze (2452 m).