Der Politiker János Ludvigh (1812-1870)

Wenn Mór Jókai in der von ihm von 1867 bis 1879 herausgegebenen und sonntags erscheinenden Wochenzeitung IGAZMONDÓ am 17. Juli 1870 einen Nachruf schreibt, dann muss es sich um eine bedeutsame Person handeln. Der Nachruf betraf János Ludvigh, geboren in Zipser Bela/Spisská Belá, der als Politiker, Jurist und Publizist bekannt wurde.

Die Nachricht vom Tod des János Ludvigh erschien nicht nur in der IGAZMONDÓ (Wahrhaftigkeit) ganz oben auf der Titelseite, wie andere Zeitungen widmete sie die ganze Seite für die Würdigung des Verstorbenen. Mór Jókai, vom Tod Ludvighs stark betroffen, schreibt sinngemäß: „Wo die Gefühle stark sind, reichen die Worte nicht aus. Mit dem Verstorbenen hat die Heimat einen treuen Anhänger, die Gesellschaft einen guten Bürger, die Öffentlichkeit einen Wissenschaftler, die Familie einen unvergesslichen Vater, sein Land einen wie eine Säule standhaft Arbeitenden und die Freunde einen treuen Freund verloren. Ruhe in Frieden im Heimatland, dessen Haupt sich in Gedenken an die Verdienste und an die Wertschätzung des Landes verneigt.“

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Der Nachruf von Mór Jókai

Aus der Zips in den Landtag

Im kirchlichen Geburtsregister von Zipser Bela finden wir, dass Johannes Josephus Ludvig als Sohn von Tobias Ludvig und Maria Duchonin am 12. Mai 1812 geboren wurde. In der ungarischen Form seines Namens benutzt er die Schreibweise Ludvigh János. Dem Besuch der Schulen in Kesmark/Kežmarok, Eperjes/Prešov und Sárospatak folgt das Jurastudium.

Das nächste bekannte Datum ist das Jahr 1835, in dem er in seiner Geburtsstadt Bela eine Anstellung als Notar und bereits ein Jahr später als Obernotar findet. Hier macht er sich um das Verteidigen der Rechte der Stadt gegenüber dem Zipser Komitat verdient. Diese Rechte dokumentiert er in dem Buch „A Szepességi XVI városok pragmaticai torténete és állományvázlata” (Pragmatische Geschichte und Umriss der 16 Zipser Städte).

Ludvigh wird 1844 Provinznotar, man sendet ihn zudem als Abgesandten des Komitats in den Pressburger Landtag. Auch 1848 ist er Abgeordneter und Notar des Landtages.

János Ludvigh (1812-1870)
János Ludvigh (1812-1870)

Für ein selbständiges Ungarn

Der sehr kalte Winter 1847/48, auch als Hungerwinter bezeichnet, vergrößerte die Not im Land und die Bemühungen der Ungarn um Selbständigkeit gegenüber Österreich. Ludvigh schloss sich diesen Bestrebungen an. Am 3. März 1848 hielt Lajos Kossuth auf dem Pressburger Landtag eine flammende Rede, in der er mehr Souveränität für Ungarn forderte. Dies war eines der auslosenden Ereignisse für das Bilden einer eigenständigen ungarischen Regierung, zunächst unter Führung von Lajos Batthyány. Ludvigh wurde nun Regierungskommissar, ebenso wie Görgei Artúr aus Topportz/Toporecs, der unter Kossuth später auch Kriegsminister war.

In Abwesenheit zum Tode verurteilt

Die sich in der ganzen Habsburger Monarchie ausbreitende Revolution wurde bereits 1849 niedergeschlagen, der österreichische Kaiser Ferdinand I. durch seinen Neffen Franz Joseph I. abgelöst. Dieser schlug mit Hilfe russischer Truppen den ungarischen Widerstand nieder. Kossuth floh ins Ausland, Ludvigh entkam zunächst nach Hamburg und von dort nach Brüssel.

In seiner Heimat wurde Ludvigh wie viele der führenden Aufständischen zum Tode verurteilt. Allein am 6. Oktober 1849 richtete man in Arad 12 ungarische Generäle hin, am selben Tag in Budapest auch Lajos Batthyány. Da man Ludvigh nicht fassen konnte, wurde das Urteil symbolisch vollstreckt (in effigie).

Auch Händler und Schriftsteller

Um seine Existenz zu sichern, muss Ludvigh in Brüssel ein Handelsgeschäft betreiben. Politisch ist er weiterhin aktiv, berichtet in Zeitungen über die Lage in Ungarn, schreibt zu wirtschaftlichen Themen und verfasst schöngeistige Literatur. Mit Kossuth bleibt er in Kontakt. In seinem Auftrag unternimmt er riskante und seine Gesundheit schwächende Reisen in die Donau-Fürstentümer.

Begnadigung und Heimkehr

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János Ludvighs Einzug in Bela

Die ungarischen Rebellen werden 1857 von Kaiser Franz Joseph I. begnadigt. Erst der österreichisch-ungarische Ausgleich von 1867 lässt Ludvigh an eine Rückkehr aus dem Exil denken. Die wiederhergestellte Verfassung von 1848 macht den Landtag wieder zum Reichstag und der Kesmarker Bezirk wählt Ludvigh 1869 zu ihrem Vertreter. Dieser kehrt zurück, sein Einzug in Zipser Bela wird zu einem Triumphzug. Einer der Begrüßungsredner ist Samuel Weber.

Ludvigh stürzt sich trotz seiner Krankheit gleich in die Arbeit, reist nach Pest. Er braucht jedoch Pflege. Am Morgen des 11. Juli 1870, vor 6 Uhr, bittet er, dass man ihn zu seinem Schreibtisch führt. Dort findet man ihn etwas später, friedlich für immer eingeschlafen.

In Pest wird seiner mit einer Leichenfeier gedacht. Das Begräbnis erfolgt in der Geburtsstadt Bela unter einer “ungeheuren Theilname der Stadt und der ganzen Gegend”, wie in der Presse zu lesen war.

Dr. Heinz Schleusener