Die Zünfte in der Zips und Schwedler

Um Recht und Ordnung bei der Ausübung des Handwerks zu sichern, wurden im Mittelalter Zünfte gegründet, die bis zum Anfang des Kapitalismus wirtschaftliche sowie gesellschaftliche Verhältnisse der feudalen Gesellschaft maßgeblich beeinflussten.

Das Zunftwesen brachten deutsche Siedler aus ihrer alten Heimat mit in die Zips. Der Sinn des Ausdrucks „Zunft“ hat seine Wurzeln im althochdeutschen Wort „Zumft“, was „ziemen“ bedeutet. In unseren vom Bergbau geprägten Gründen etablierte sich jedoch der Begriff Zeche (vom mittelhochdeutschen Ordnung, Reihe), was ursprünglich den Zusammenschluss mehrerer Personen, unter anderem zum Betreiben eines Bergwerks bezeichnete. Dies besagt vieles über die alte Heimat der Zipser Bergknappen. Im Ruhrgebiet wird beispielsweise auch heute Zeche als Synonym zu „Bergwerk“ benutzt. Mit der Einlage in die Bruderlage bezahlten die Bergleute in den Gründen ihre Zeche – ein Ausdruck für das Bezahlen einer Rechnung, der heute noch verwendet.

Karte der Zips im Mittelalter © Lipták, Johann: Bilder aus der Zipser Vergangenheit, Urgeschichte und Besiedlung der Zips, Kesmark, 1935.

Anfang und Aufschwung

Als sich die Handwerke erfreulich zu entwickeln begannen, traten Handwerker derselben Branche den Zünften bei. So entstanden im 14. Jahrhundert in den Städten Zünfte nach deutschem Vorbild, wobei die erste schriftliche Erwähnung über Zünfte auf dem Gebiet der heutigen Slowakei aus Kaschau stammt. Dort haben sich die Kürschner 1307 zu einer Zunft zusammengeschlossen. Zünfte begannen sich vor allem während der Regierungszeit Karl Roberts von Anjou und seinem Sohn Ludwig I. zu entwickeln. Sie förderten die Gründung von Zünften in freien Königsstädten. Um die ungestörte Weiterentwicklung von Handel und Handwerk zu schützen sowie unlauteren Wettbewerb und Feindseligkeiten zwischen einzelnen Mitgliedern zu vermeiden, wurden zahlreiche Statuten festgehalten. Diese wurden am königlichen Hof erworben und dann von den Stadträten schriftlich herausgegeben. Meist wurden sie in deutscher Sprache verfasst, ab Mitte des 16. Jahrhunderts erschienen sie in lateinischer und ab dem 17. Jahrhundert auch in ungarischer Schriftform. Sie beinhalteten Wappen der Zünfte, ihre Patrone und Heiligen, Zunftfahnen und strenge interne Ordnungsvorschriften.

In der Zips

Die älteste Zunft in der Zips mit eigenem Statut war die Schmiedezunft, die im Jahre 1482 in Zipser Neudorf entstand. 1539 wurde auch eine regionale Kupfer- und Kesselschmiede-Zunft gegründet, die später Teil der ostslowakischen Schmiedezunft mit Sitz in Kaschau wurde. Hierbei erhielt sie erweiterte Befugnisse für ganz Ungarn und war auch für die Gründe zuständig.

Auszug aus dem Stadtbuch von Schwedler © Haas, Adalbert: Unterzipser Sprachschatz, Stuttgart, 1989.

Unterm Doppeladler

Die Habsburger bemühten sich, Verhältnisse in ihrem Vielvölkerreich zu nivellieren. Kaiser Maximilian II. gründete 1567 die Zipser Kammer mit Sitz in Kaschau – damals das höchste Wirtschaftsorgan der Ostslowakei und er erließ 1573 die Neue Bergordnung, die die Zipser Kammer um 1580 den Bergstädten auferlegte. Das Ziel war, eine bessere Regulierung des Bergwerks zu erreichen. Diese galt mit geringen Änderungen bis 1854, als die Gewerbeordnung für die Monarchie erlassen wurde.

In Schwedler

Auch in Schwedler übten die Zünfte Einfluss auf alle Bereiche des täglichen Lebens aus, inklusive sozialer und karitativer Aufgaben. So zahlten Zünfte in einigen Fällen nach dem frühen Tod eines Meisters eine Rente an seine Witwe oder Waisen.

Die größten Zünfte in der Slowakei waren die Fleischer-, Schmiede-, Fassbinder-, Wagner- und die Schuhmacherzunft. Diese Zünfte erwarben über die lange Zeit ihres Bestehens große Reichtümer und genossen hohes Ansehen, da sie es sich leisten konnten, Kirchen und andere Institutionen mit Spenden zu unterstützen. 1807 stiftete die Fleischerzunft für die evangelische Kirche in Schwedler die stattliche Summe von 200 Gulden, wovon die Zinnen über dem Altar restauriert wurden. Von da an nutzten die jungen Mitglieder der Fleischerzunft diese Altarzinnen als Treffpunkt, um an Gottesdiensten teilzunehmen, was diesen Zinnen bis heute den Namen „Fleischerchor“ einbrachte.

Leider ist über das Zunftleben in Schwedler nur weniges überliefert, so dass wir nur anhand erhaltener Bücher, Dokumente, Werkzeuge und Geräte ein bescheidenes Bild vom Zunftleben in Schwedler zeichnen können. Doch immer wieder finden sich seltene Aufzeichnungen, die uns Einblicke in das Zunftleben geben.

Kaiser Maximilian II., gemalt von dem niederländischen Porträtmaler Nicolas Neufchâtel

Niedergang der Zünfte

Mit der Einführung des neuen Handelsgesetzbuches und der Gewerbeordnung für die Monarchie wurden im Jahr 1871 die starken, innerhalb der Zünfte geltenden Bindungen, deutlich gelockert und nach der Verabschiedung neuer Gesetze, die ihren Tätigkeitsbereich erheblich einschränkten, gingen diese Gemeinschaften ein. Doch die Geschichte der Zünfte ist ein wichtiger Bestandteil der Geschichte in den Gründen und Schwedler und Teil ihres Kulturerbes.

Oswald Lipták