Vertreibung

„Flucht und Vertreibung“ – ein wohl nie endendes Thema

Mit diesem Beitrag mache ich auf ein Themenheft aus dem Jahre 2021 aufmerksam, das zum Nachdenken und Nachsinnen aus historischer Perspektive einlädt: Das Heft ist aktuell, denn es geht um das offenbar nie endende Thema „Flucht und Vertreibung“.

Sylvia Stierstorfer, Mitglied des Bayerischen Landtags und Beauftragte der Staatsregierung für Aussiedler und Vertriebene, gab in Zusammenarbeit mit der Bayerischen Landeszentrale für politische Bildungsarbeit das gerade für die heutige Zeit bedeutsame Themenheft 1/2021 „EINSICHTEN + PERSPEKTIVEN – Flucht und Vertreibung“ (152 Seiten) heraus.

Das bilderreiche, mit Landkarten und einladender Textgestaltung versehene Buch gibt einen differenzierten Einblick über die Vertreibung der Deutschen während und nach dem Zweiten Weltkrieg. Neben dem Verlust der Heimat mussten viele unschuldige Menschen die auf sie hereinbrechende Gewalt erleiden. Diese Menschenverachtung fand keine Grenze – und sie findet offenbar auch heute keine Grenze.

Themenheft Flucht und Vertreibung
Die Titelseite des Themenheftes

Das Heft reflektiert die Vertreibung in der Perspektive der Generationen: Generation I: Erinnerungen der Erlebnisgeneration (vertriebene Erwachsene und/oder deren Kinder); Generation II: (Enkelkinder von als Erwachsenen Geflüchteten bzw. Kinder von als Kinder Geflüchteten); Generation III: (Urenkelgeneration: Enkelkinder von als Kinder Geflüchteten). Eine vergleichende Betrachtung eröffnet Perspektiven für den Diskurs. Zu erwähnen ist noch, dass sich ein Kapitel dem Thema „Flucht und Vertreibung. Die Tschechoslowakei und ihre Nachfolgestaaten“ zuwendet.

An zentraler Stelle wird auf die „Charta der deutschen Heimatvertriebenen“ hingewiesen, die am 5. August 1950 in Stuttgart-Bad Cannstatt feierlich verlesen wurde. Dieses Grundlagendokument prägt bis heute den Diskurs über Flucht, Vertreibung und Eingliederung. Sie erklärt, dass die Vertriebenen auf „Rache und Vergeltung“ verzichten, „die Schaffung eines geeinten Europas“ unterstützen und am „Wiederaufbau Deutschlands und Europas“ teilnehmen wollen. Die Charta fordert das „Recht auf die Heimat als eines der von Gott geschenkten Grundrechte“.

Fazit

Das didaktisch hervorragend gestaltete Themenheft verstehe ich als Lehr- und Studienbuch, das zu einem generationsübergreifendem Diskurs anregt. Das kann in Seminaren und anderen Veranstaltungen mit den drei Erlebnisgenerationen, besonders mit den Erlebnisgenerationen II und III, hilfreich sein: Die Texte ermöglichen, die eigene Lebensgeschichte im Spiegel dieser Gedanken wachsam wahrzunehmen. Dabei ist zu beachten, dass nicht Fakten und Daten referiert werden, sondern das Erfahrene z.B. auch in Szenen-Spielen ganz unmittelbar erlebt wird. Gerade diese Studienpraxis lässt weder Hass noch Hetze aufkommen. Sie motiviert vielmehr zum kritischen Diskurs, zum Nachdenken unter Achtung der unverletzlichen Würde des Menschen.

Das Themenheft 1/2021 „Einsichten und Perspektiven – Flucht und Vertreibung“ kann bei der Bayerischen Landeszentrale für politische Bildungsarbeit (Englschalkinger Str. 12, 81925 München, Telefon: 089 9541154-00, Fax: 089 9541154-99, landeszentrale@blz.bayern.de, www.blz.bayern.de) kostenfrei erworben oder hier heruntergeladen werden.

Prof. Dr. Ferdinand Klein