Gute Perspektiven für deutschsprachige Fachkräfte in der Slowakei

Rund 600 deutsche Unternehmen seien derzeit in der Slowakei angesiedelt, schätzt der Präsident der Auslandshandelskammer (AHK), Dr. Peter Lazar. Nach einer im November 2023 veröffentlichten Mitgliederbefragung der AHK gehöre es jedoch zu den größten Herausforderungen der Unternehmen Fachkräftestellen zu besetzen.

Vor allem junge Menschen ziehe es ins Ausland, teilte Dr. Peter Lazar mit. Auf Nachfrage des Karpatenblatts bestätigte der AHK-Slowakei-Präsident, dass es vorwiegend Fachkräfte im Handwerk seien, wie Maurer oder Elektriker, die sich für eine berufliche Perspektive im deutschsprachigen Ausland entscheiden. Besonders Berufseinsteiger zeigten sich äußerst flexibel und seien bereit, ihre Heimat für ein attraktiveres Lohnniveau zu verlassen. In der Slowakei käme als Herausforderung hinzu, dass wichtige Berufe im Bereich der Digitalisierung, die deutsche Sprachkenntnisse erfordern, teilweise unbesetzt blieben. Gesucht würden beispielsweise Hardwareentwickler, Elektrotechniker und technische Zeichner.

AHK/Cholková – Die Berufsbildungspreise wurden im Dezember 2023 auf der AHK-Weihnachtsgala erstmalig verliehen.

Deutsch in der Praxis bei Volkswagen Martin

Auch der Betriebsleiter des Volkswagen-Werks in Martin, Dr. Andreas Kiekel, bestätigte gegenüber dem Karpatenblatt, dass die Besetzung von Stellen zunehmend herausfordernd geworden sei. Zwar gelänge es noch, am Standort neue Auszubildende zu finden, jedoch erfordere es inzwischen einen längeren Suchprozess. Dabei komme man den Auszubildenden schon entgegen und verlange zu Ausbildungsbeginn keine Deutschkenntnisse. Er betonte: „Wenn man bei uns als Auszubildender anfängt, dann muss man kein Deutsch können, jedoch die Bereitschaft zeigen, sich dahin entwickeln zu wollen. Als Auszubildender hat man natürlich nicht direkt die Aufgabe, schwierige Lieferantengespräche mit ausländischen Firmen zu führen. Das kommt über die Jahre, wenn man sich entwickelt.“

Dr. Andreas Kiekel erzählte, in welchen Bereichen seines Werkes Deutsch gesprochen wird: „Wir sind grundsätzlich ein technisches Unternehmen und die Mitarbeiter, die bei uns in der Planung arbeiten, müssen Deutschkenntnisse haben, weil die Zulieferfirmen und Werke, mit denen wir zusammenarbeiten, in der Regel in Deutschland oder Österreich beheimatet sind. Dann geht es weiter mit den Mitarbeitern in der Qualitätssicherung, die sich auch wiederum in Europa vernetzen müssen. Das geht teilweise mit Englisch, aber viel wird da mit Deutsch gemacht. Es betrifft gleichermaßen die Mitarbeiter in der Logistik. Das sind große Bereiche.“

Auch wenn Volkswagen als allgemeine Unternehmenssprache Englisch vorsieht, so werde Deutsch in der Praxis seine Bedeutung auf absehbare Zeit nicht verlieren. So seien die Mitarbeiter auf der Managementebene in Martin etwa auf einem C1-Sprachniveau. Dr. Kiekel meint dazu: „Ein Unternehmen besteht aus Menschen. Was die gesellschaftlichen Zugänge und kulturelle Nähe betrifft, bleibt man in einem Austausch zwischen Slowakisch und Deutsch.“ Deswegen sind laut Dr. Kiekel im Werk in Martin auch etwa 7 Prozent der Belegschaft in regelmäßigen Deutschkursen eingebunden, um den Austausch mit Stammwerken, wie Skoda in Tschechien oder Seat in Spanien, zu gewährleisten.

Junge Fachkräfte im Fokus

Da deutschsprachige Fachkräfte so gefragt sind, versuchen die Unternehmen ihren Auszubildenden auch attraktive Perspektiven aufzuzeigen, wenn sie die Sprache lernen. In Martin ermöglicht man einigen Auszubildenden beispielsweise in den VW-Schwesterwerken im Ausland zu hospitieren. Derweil versuchen auch andere Unternehmen ihren Mitarbeitern ansprechende Ausbildungsangebote anzubieten. So verlieh Ende 2023 die Auslandshandelskammer erstmals einen Berufsbildungspreis, um auf innovative Ausbildungsprojekte in der Slowakei aufmerksam zu machen.

Als „Duales Start-up“ wurde dabei die Deutsch-Slowakische-Akademie ausgezeichnet, die als landesweit einziger Arbeitgeber zertifiziert ist, um Ausbildungen von Lehrern und Erziehern in ihrem Netzwerk privater Schulen, Horte und Kindertagesstätten, dual zu gestalten. Die Jury honorierte dabei, dass durch den erhöhten Praxisanteil gleichermaßen die Qualität der Ausbildung verbessert wurde. Dies habe zu einem gesteigerten Interesse von Auszubildenden daran geführt, im Bildungsbereich zu arbeiten. Den dualen AHK-Sonderpreis erhielt die Deutsche Telekom IT Solutions Slovakia für ihr Ausbildungsangebot im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologien. Schon während der Ausbildung seien die Lehrlinge dort in projektorientierte Arbeiten im Bereich Künstliche Intelligenz und Virtuelle Realität eingebunden. Während der Ausbildung auf Englisch und Deutsch gelang es den Auszubildenden bereits eine virtuelle Umgebung zu erschaffen, die Kindern während einer medizinischen Untersuchung helfen kann.

In Anbetracht der vielfältigen Präsenz deutscher Unternehmen in der Slowakei, zeigt sich eine vielversprechende Perspektive für deutschsprachige Arbeitnehmer im Land. Durch die Herausforderungen bei der Besetzung von Fachkräftestellen setzen Unternehmen zunehmend auf innovative Ansätze und fördern die Weiterentwicklung ihrer Mitarbeiter. Der Ausbau des dualen Ausbildungssystems kann dazu beitragen, Berufseinsteigern ein attraktives und praxisbezogenes Angebot zu machen. Dies kann helfen, um ihr Abwandern ins Ausland zu verhindern, denn die Bedeutung der deutschen Sprache bleibt in vielen Berufen in der Slowakei nachhaltig bestehen.

Peter Mons