Kulturstiftung

Heimatvertriebene und Heimatverbliebene – zwei Seiten einer Medaille

Vom 31. August bis 2. September 2022 fand die 3. Internationale Begegnungstagung der Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgemeinschaft deutscher Minderheiten (AGDM) in der Föderalistischen Union Europäischer Nationalitäten (FUEN) in Stuttgart statt.

Zur Eröffnung der Tagung empfing der Landtagsabgeordnete und Vizepräsident des Bundes der Vertriebenen (BdV), Raimund Haser, die rund 50 Teilnehmer im Landtag von Baden-Württemberg in der Nähe des Stuttgarter Schlosses. Nach einer Führung durch das Gebäude begrüßte Haser die Teilnehmer im Plenarsaal. Kurze Grußworte sprachen auch Reinfried Vogler, Ehrenpräsident der Kulturstiftung, und der Sprecher der AGDM, Bernard Gaida.

Empfang im Landtag
Empfang im Landtag

Nach der Begrüßung der Teilnehmer durch den Geschäftsführer der Kulturstiftung, Thomas Konhäuser, zu Beginn des zweiten Konferenztages, führten Raimund Haser, Reinfried Vogler und Bernard Gaida in die Tagungsthematik ein. Alle drei Redner betonten, dass das Thema Flucht und Vertreibung angesichts des Ukraine-Krieges und derzeit 100 Millionen Flüchtlingen weltweit aktueller sei denn je.

Die anschließende Podiumsdiskussion zum Thema „Heimatvertriebene und Heimatverbleibende – zwei Seiten einer Medaille“ moderierte Hartmut Koschyk, Ratsvorsitzender der Stiftung.

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Bernard Gaida, Ondrej Pöss, Wera Stiffel und Hartmut Koschyk © Ondrej Pöss

Aktuelle Lage der deutschen Minderheit in der Ukraine

Der zweite Themenblock war der aktuellen Lage der deutschen Minderheit in der Ukraine gewidmet. In einer Videogrußbotschaft dankte der ukrainische Kulturminister Oleksandr Tkatschenko für die Solidarität und Unterstützung der Ukraine im Krieg gegen Russland.

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Beim Grußwort des ukrainischen Kulturministers © Ondrej Pöss

Für die Ukraine und für die deutsche Gemeinschaft in der Ukraine sei die Unterstützung aus Deutschland bedeutend. Wichtig sei insbesondere eine aktivere Unterstützung von Kulturprojekten, die Pflege der Sprache und des kulturellen Erbes, Evakuierung und Digitalisierung von Archiven sowie die Sanierung von Denkmälern.

In ihrem Impulsvortrag berichtete Lene Dej, Korrespondentin der Abteilung für nationale Minderheiten des ukrainischen Fernsehens im Studio Uschhorod, über den Kriegsalltag in Uschhorod/Transkarpatien. Als Teilnehmer einer Podiumsdiskussion mit dem Titel „Aktuelle Lage der Deutschen Minderheit in der Ukraine – Ist Kulturarbeit in der Kriegszeit vor Ort möglich und welche Spielräume gibt es in der grenzüberschreitenden kulturellen Zusammenarbeit?“ war eigens Wolodymyr Leysle, Vorsitzender des Präsidiums des Rates der Deutschen der Ukraine, angereist.

Kulturzusammenarbeit anhand von Denkmalschutz

Am dritten Themenblock „Kulturzusammenarbeit an Hand von Denkmalschutz“ nahm Herr Dr. Ondrej Pöss, Vorsitzender des Karpatendeutschen Vereins in der Slowakei, an der Podiumsdiskussion teil.

Für die Weiterentwicklung kultureller und geschichtlicher Traditionen sei eine Kooperation zwischen Heimatvertriebenen und Heimatverbliebenen und ihren Nachkommen sehr wünschenswert. Eine solche emotionale Verbindung der Vertriebenen, Aussiedler, der deutschen Minderheiten und ihrer jeweils Nachgeborenen zu dem geschichtlichen und kulturellen Erbe ihrer Heimat könne auch eine katalysatorische Wirkung haben, ob in Deutschland oder in den Heimatländern.

Die Gedenkstätten schreiben die Geschichte, betonte der KDV-Vorsitzende. Wenn die Karpatendeutschen in die Geschichte heimkehren wollen, müssen sie sich auch um die Gedenkstätten kümmern. Das müsse einer der Schwerpunkte unserer Zukunftstätigkeit werden. Abschließend berichtete Dr. Ondrej Pöss, dass es in der Slowakei 13 Minderheiten gebe, von denen acht über ein eigenes Museum verfügen.

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Der Seminarraum © Ondrej Pöss

Die Rolle der Jugend

Beim letzten Themenblock der Begegnungstagung stand die Rolle der Jugend zur Bewahrung des deutschen kulturellen Erbes im Mittelpunkt. Den einleitenden Impulsvortrag hielt Thomas Konhäuser, Geschäftsführer der Kulturstiftung. Seine Ausführungen standen unter der Überschrift „Zukunft kann es ohne Jugend nicht geben“.

Als überregionale Kultureinrichtung aller nach §96 tätigen Einrichtungen der eigenständigen Kulturarbeit habe sich die Kulturstiftung das Ziel gesetzt, eine sowohl landsmannschaftlich als auch grenzüberschreitende Plattform der Vermittlung, der Vernetzung und des gegenseitigen Austausches der Jugendorganisationen aufzubauen, um eine zukunftsweisende Zusammenarbeit der Jugendorganisationen zu befördern.

So waren auch die Teilnehmer der folgenden Podiumsdiskussion Mitglieder des „Jungen Netzwerks Zukunft“. Die sehr engagierte und rege Diskussion machte deutlich, dass es bei allen Verbänden Nachwuchsschwierigkeiten gebe.

Wichtig sei es auch, neue Strategien für die Mitgliederwerbung zu entwickeln. Die Vernetzung über das Internet und die modernen sozialen Medien spiele dabei eine zentrale Rolle. Es sei wichtig, junge Familien anzusprechen und jungen Menschen ein Heimatgefühl und Gefühl des Willkommenseins zu vermitteln – auch jenen, die familiär keinen Vertreibungshintergrund hätten.

Fazit

Zum Abschluss der internationalen Tagung zogen Reinfried Vogler, Thomas Konhäuser und Bernard Gaida ein überaus positives Fazit der dreitägigen Veranstaltung. Auch sprachen sie allen Tagungsteilnehmern, Referenten und Diskutanten einen herzlichen Dank aus.

Wera Stiffel