Friedrich Dahlhaus

„Ich fand die Minderheiten immer bereichernd“ – Gespräch mit dem Leiter des Goethe-Instituts

Dr. Friedrich Dahlhaus ist seit wenigen Wochen Leiter des Goethe-Institutes in der Slowakei. Einer seiner ersten Besuche führte ihn ins Museum der Kultur der Karpatendeutschen in Pressburg, wo er sich bei dem Museumsdirektor und Vorsitzenden des Karpatendeutschen Vereins Dr. Ondrej Pöss über die deutsche Minderheit im Land informierte. Außerdem fand er Zeit für ein Gespräch mit dem Karpatenblatt.

KB: Herr Dahlhaus, Sie sind vor wenigen Wochen vom Goethe-Institut in Marokko in die Slowakei gewechselt. Wie läuft die Eingewöhnung denn?

FD: In gewisser Weise ist das natürlich Routine. Das ist mein sechstes Institut, das heißt, viele Dinge macht man immer, aber andererseits ist jedes Land immer wieder eine neue Entdeckung. Die ersten Wochen laufen so ab, dass ich versuche, möglichst viele Partner zu treffen und Veranstaltungen zu besuchen. Aber ich bin nach den ersten Wochen sehr positiv gestimmt.

KB: Wie haben Sie sich denn auf Ihren Aufenthalt in der Slowakei vorbereitet?

FD: Ich bin von Haus aus Historiker und nicht so ganz unbelesen, was die Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts in dieser geographischen Region betrifft. Die Kollegen vom Goethe-Institut waren so nett und hatten mir schon eine Bücherkiste nach Marokko geschickt. Die habe ich zwar nicht ganz geschafft, aber ziemlich viel. Andererseits ist es auch gut, wenn man neugierig kommt. Es gibt natürlich so etwas wie Übergabeberichte und Vorabinformationen und die Planung steht ja teilweise auch schon für das laufende Jahr.

KB: Sie haben ja schon in einigen Ländern weltweit gelebt. Welche Station bringt Ihnen denn am meisten für den Aufenthalt hier?

FD: Das ist eine gute Frage. Meine Berufsleben spielt sich so ein bisschen ab zwischen Osteuropa, der ex-sozialistischen Welt, ich war ein paar Jahre in Russland, viele Jahre in Zentralasien, in Kasachstan, aber auch in Bulgarien, auf dem Balkan kenne ich mich gut aus. Der andere Teil meines Lebens war stark im Nahen Osten, Nordafrika – Israel, Ägypten, Marokko. Ich glaube, was etwas bringt, ist meine Erfahrung mit osteuropäischen Ländern. Das kann man natürlich nicht eins zu eins übertragen, aber es hilft sicherlich zu verstehen, wie Veränderungsprozesse in den Nach-90er-Jahren gelaufen sind. Das macht es in gewisser Weise natürlich auch sprachlich etwas leichter. Ich kann viel aufgreifen.

KB: Das heißt, Sie lernen jetzt richtig Slowakisch?

FD: Ich würde es gerne richtig lernen, aber dann müsste ich vier Mal die Woche Unterricht haben. Ich habe zwei Mal die Woche. Mein Ziel ist B1-Niveau, dann bin ich ganz zufrieden.

Friedrich Dahlhaus und Ondrej Pöss

KDV-Vorsitzender Dr. Ondrej Pöss empfing den neuen Leiter des Goethe-Institutes Friedrich Dahlhaus im Museum der Kultur der Karpatendeutschen.

KB: In der Slowakei gibt es ja auch eine deutsche Minderheit. Welche Erfahrung haben Sie in den anderen Ländern mit den deutschen Minderheiten gemacht?

FD: Ich hatte sogar sehr viel Kontakt mit deutschen Minderheiten. Als ich in Kasachstan war, war ich unter anderem zuständig für die Gründung von Sprachlernzentren für die deutsche Minderheit. In Kirgistan gab es auch deutsche Gruppen, die noch vor 300 Jahren dort eingewandert waren, Abspaltungen von mennonitischen Glaubensgemeinschaften. In Israel hatte ich ziemlich viel zu tun mit der letzten Generation der Jeckes, also der deutschsprachigen Juden, die vor den Nazis geflohen sind. Ich hab das immer als Bereicherung empfunden. Es ist selten der zentrale Teil der Arbeit, weil das Goethe-Institut ja in der Breite arbeitet. Es ist sehr berührend. Es ist auch nicht immer leicht, aber persönlich fand ich es immer sehr bereichernd und ich denke, es wird hier auch so sein.

KB: Sie haben schon in so vielen Ländern gelebt, ist da die Slowakei nicht vergleichsweise ein „einfaches Land“?

FD: Ehrlich gesagt glaube ich, dass kein Land einfach ist. Ich denke, jedes Land, egal wie groß oder klein es ist, hat seine spezifische Geschichte. Zu entdecken oder zu lernen, wo die nationalen Besonderheiten, die nationalen Narrative eines Landes liegen, ist immer etwas Besonderes. Da gehe ich normalerweise schnell ran, aber auch sehr vorsichtig. Ich bin ja auch Gast.

KB: Wo führt denn ihre erste Reise in der Slowakei hin?

FD: Ich vermute, dass ich als erstes nach Košice/Kaschau fahren werde, weil wir da ja auch ein Partnernetzwerk haben. Aber ich werde mir sicher sehr viele Orte anschauen. In den nächsten zwei, drei Monaten gehe ich auch davon aus, dass ich an viele Orte komme, wo Partner und Partnerinitiativen sind. Wenn immer ich irgendwo hinkomme, wo auch die deutsche Minderheit präsent ist, werde ich an die Tür klopfen und ein Gespräch führen. Da freue ich mich auch drauf.

Red