Johannes Göbel

John Gabel – Der Weg in die Selbstständigkeit

Mit 14 kam er als Johannes Göbl nach Amerika, mit 16 verließ er als John Gabel Verwandte und Freunde in Cleveland/Ohio und reiste nach Chicago, um sich eine Zukunft aufzubauen. Die folgenden Auszüge aus seiner Autobiographie machen deutlich, wie schwer es war und wie engagiert er um ein besseres Leben kämpfte.

„Als ich in Chicago ankam, konnte ich weder Englisch lesen noch schreiben. Eines Tages kam ich auf eine Idee. Ich schaute mir in einer Zeitung die Comics an. Als ich die Bilder ansah, verstand ich deren Bedeutung. Dann habe ich den Text unter den Bildern gelesen. Ich stellte fest, dass mir das leicht fiel. Von nun an studierte ich jeden Tag die Comic-Bilder. Das hat mir geholfen, lesen zu lernen.“

Kontakt mit dem amerikanischen Kommunismus

Johannes Göbel Jukebox Erfinder
Flugblatt für den Haymarket-Aufstand

„Bald traf ich Leute, die über Freiheit sprachen und dass sich die Werktätigen vom Joch des Kapitalismus und der Unterdrückung befreien müssen. Frank Gedeon hatte mich zu einem Treffen von Mitgliedern der Kommunistischen Union mitgenommen, von einem anderen wurde ich als Mitglied der Metallarbeitergewerkschaft angeworben. In dieser Zeit kam ich auf Versammlungen mit solchen Personen wie Frau Spies, deren Mann nach dem Haymarket-Aufstand gehängt wurde, Emma Goldman und Alexander Berkman zusammen.

Durch den Kontakt mit diesen Menschen erfuhr ich von ihrem Leben. Weil sie bislang erfolglos waren, gaben sie dem System und den Bedingungen die Schuld, die auf der ganzen Welt existierten.

Diese Redner waren so radikal und unvernünftig, dass ein gewöhnlicher Arbeiter (wenn er den gesunden Menschenverstand benutzen würde) erkennen konnte, dass ihre Theorie unmöglich war.

Also habe ich die Organisation verlassen und alle, die damit verbunden sind (…) Mein Ziel war es, den richtigen Weg zu finden, der zu Erfolg und Glück führt.”

Mit Messing und Drehmaschine

„Im Sommer 1889 ging ich zu Adams & Westlake Co., um dort in der Produktion von Messingerzeugnissen zu arbeiten. Ich mochte den Ort und kam sehr gut mit dem Vorarbeiter aus. Adams & Westlake war eine große Fabrik und stellte viele verschiedene Artikel her. Dies gab mir die Möglichkeit, mehr Wissen zu erwerben.

Nach einem Jahr wurde ich in die Maschinenwerkstatt geschickt. Ich war jetzt für eine Drehmaschine zuständig. Ein Jahr arbeitete ich dort und sah mich dann nach anderer Arbeit um.”

Kompliziertere Maschinen

„Auf der Suche nach neuen Erkenntnissen bekam ich als Nächstes einen Job bei Felt & Tarrant und baute Addiermaschinen, sogenannte Comptometer. Herr Felt war ein sehr guter Mechaniker und der Erfinder dieser Maschinen. Er sah mich an und erkundigte sich, was ich tun könnte. Ich erzählte ihm, wo ich gearbeitet hatte und welche Art von Arbeit ich getan hatte. Er sagte mir, ich solle mit ihm in die Fabrik kommen. Dort stellte er Fragen, die ich gut beantworten konnte, denn ich hatte bereits Erfahrungen in Präzisionsarbeiten mit Messing, Eisen und Stahl.

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Comptometer von 1896: Diese Rechenmaschine wurde erstmalig nur durch Drücken von Tasten bedient.

Ich wurde mit der Montage des Comptometers beauftragt. Die Arbeit machte ich gut und wechselte bald zum Werkzeug- und Formenbau. Im Frühjahr 1892 verlief das Geschäft in Chicago schlecht und Felt & Tarrant kündigten den Mitarbeitern.”

Hoffnung nach Misserfolg

„Der Samstag, 17. September 1892, war einer der großen Tage meines Lebens. Josephine Berretta und ich heirateten. Sie war siebzehn und ich war zwanzig. Wir waren sehr jung und zu der Zeit vielleicht dumm, aber wir haben den Schritt nie bereut.

Mit ihrer Unterstützung und einem Finanzpartner versuchte ich Geschäfte in der landwirtschaftlichen Versorgung aufzubauen. Es war eine dreijährige Geschichte mit Geschäftsfehlern, die ich schließlich beendete. Danach machte ich mich auf die Suche nach einem Job. Ich lief mehrere Tage lang viele Kilometer und fand endlich einen Job in der Clinton Street.“

Gabel wird Spezialist für Spielaen

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Von Gabel verbessert: Der Glücksspiela „The Klondyke“.

John Gabel wurde Mechaniker in der Mills Novelty Company. Schnell erkannte er die Schwächen der dort hergestellten Verkaufs- und Glücksspielaen und verbesserte diese, zum Beispiel den „Kalamazoo”, das Roulette „Little Monte Carlo”, „Klondyke” und „The Owl”.

Gabel musste mit ansehen, wie durch seine Ideen Mills Firma auf 65 Mitarbeiter wuchs und dieser innerhalb von drei Monaten 50.000 Dollar verdiente. Zudem ärgerte ihn, dass Mills Vater, der die Firma gegründet hatte, oft seine Vorschläge ablehnte. Dazu schreibt er:

„Mills rief mich ins Büro und sagte: Gabel, ich möchte, dass Sie ab morgen im Versuchsraum arbeiten. Ich habe Ihr Gehalt auf 3,00 US-Dollar gesenkt, aber wenn Sie dort gut arbeiten, werde ich es erhöhen. Darauf antwortete ich: Im Versuchsraum arbeite ich gerne, aber nicht mit Ihrem Vater zusammen. Ich kündige!”

The Automatic Machine & Tool Company

„So war ich im August 1898 wieder arbeitslos. Die Arbeitssuche entfiel aber diesmal, denn mehrere Angebote erhielt ich gleich einige Tage später.

So kam der Tischlereibesitzer Edward Mikkelsen zu mir und sagte: Gabel, wenn Sie selbst produzieren, könnten Sie viel Geld verdienen. Ich weiß, dass Sie die Fähigkeit haben. Ich lachte und sagte: Es braucht mehr als die Fähigkeit, ein Geschäft zu führen, ich habe nicht die Mittel. Darauf Mikkelsen: Wenn Sie wollen, können Sie gleich anfangen. Ich bin bereit, eine Partnerschaft mit Ihnen einzugehen. Ich baue die Gehäuse und Sie die Maschinen. Meine Antwort war: Wenn Sie das Geld bereitstellen, gebe ich meine Fähigkeiten dazu.”

Am Freitag, dem 13. Oktober 1898, wurde die „The Automatic Machine & Tool Co.” mit einem Grundkapital von 3.000 Dollar gegründet. Gabels Anteil war ein Drittel, sein Gehalt 12 Dollar pro Woche. Er kaufte gebrauchte Maschinen und richtete die Produktionsstätte ein. Und damit begann John Gabels Erfolgsgeschichte erst richtig.

Dr. Heinz Schleusener