Jürgen Klimke

Jürgen Klimke: „Dieses Miteinander ist beispielhaft in Europa“

Anfang Mai war der Bundestagsabgeordnete Jürgen Klimke auf Besuch in der Ostslowakei. In Medzev/Metzenseifen informierte er sich über die wirtschaftliche Lage vor Ort, das Schulwesen und den Karpatendeutschen Verein. Bei dieser Gelegenheit gab er auch dem Karpatenblatt ein Interview.

Sie sind auf einer offiziellen Reise in der Slowakei und haben auch eine Region, in der die Karpatendeutschen leben, bereist. Was war das Ziel dieses Besuches?

Ich interessiere mich für die Heimat meines ehemaligen Praktikanten Matej Smorada. Er ist nicht nur nach Deutschland gekommen, um dort zu lernen, sondern auch um etwas von seiner Heimat weiterzugeben, an die politisch Verantwortlichen etwa.

Ich wollte gerne mal sehen, welche schönen Seiten die Slowakei hat, aber auch welche Probleme es gibt. Außerdem war da nach wie vor dieses Fragezeichen, wenn man die Slowakei als Begriff nennt. Vielen fällt nicht so viel ein wie bei Tschechien, Polen oder Kroatien. Da gibt es Nachholbedarf. Von daher ist es auch eine Herausforderung sich das anzuhören und anzusehen.

 „Identität ist nicht nur Sprache“

Sie haben sich auch mit den Karpatendeutschen getroffen. Welche Eindrücke haben Sie?

Für mich ist beispielhaft wie hier mit der Identität umgegangen wird, damit sich zu integrieren einerseits, aber seine eigene Identität einzubringen und auch andere davon profitieren zu lassen. Und ich halte es für noch stärker unterstützenswert, auch durch öffentliche Mittel. Da sollte finanzielle Unterstützung sowohl aus Deutschland kommen, aber auch zum Beispiel aus Europa, denn was hier beispielhaft erfolgt, ist auch eine Frage des Miteinanders in Europa.

Wir brauchen nicht Streitigkeiten, wie es sie etwa im Kosovo gibt, sondern wir brauchen solche beispielhaften Modelle der Integration und des Miteinanders. Hier muss man nicht nur Dankeschön sagen, sondern ihr braucht auch Unterstützung und die bekommt ihr.

 

Bei jeder Minderheit ist die Jugend ein sehr wichtiges Thema. Welche Idee hätten Sie, um die Identität bei der Jugend zu stärken?

Identität ist nicht nur Sprache, das ist ein wesentlicher Faktor. Es ist auch wichtig, die Sprache ständig durch Kultur, Lesen, Filme und Fernsehen zu haben. Identität ist auch das normale Miteinander, ob es die Umgangsmethoden sind, mit denen man andere Menschen akzeptiert oder auf andere Menschen zugeht. Ob es solche Fragen sind wie Essenskultur, Feierkultur, Lebenskultur und so weiter.

Ich glaube, das alles ist ein ganz großes Paket, das auch in diesem Zusammenhang gesehen werden muss. Und von daher kann ich nur sagen, macht weiter so, ihr seid auf einem guten erfolgreichen Weg.

Wenn Sie die Slowakei mit anderen ehemaligen Ostblockländern vergleichen, gibt es in der Slowakei Nachholbedarf oder liegt sie in gewissen Bereichen vorne?

Es gibt Überraschungen, zum Beispiel im Bereich Wirtschaft. Was ich als sehr interessierter Abgeordneter oder ganz interessierter Deutscher nicht wusste, ist, dass das Pro-Kopf-Volumen beim Bau von Autos in der Slowakei das größte der Welt ist.

Das finde ich schon sehr bemerkenswert, das lässt sich auf andere Bereiche offensichtlich ausdehnen. Man zeigt Power, man zeigt Muskeln, man zeigt Kraft, die wirtschaftliche Situation des Landes voranzubringen. Davon können dann auch die anderen Bereiche, die finanziert werden müssen, soziale Fragen zum Beispiel aber auch Bildungsfragen, profitieren.

 

Und wo besteht Nachholbedarf?

Beim Marketing des Landes. Ich hab eben ein gutes Beispiel genannt, das ich nicht kenne. Warum weiß ich so etwas nicht? Wieso macht die Slowakei nicht sehr viel mehr Informationsarbeit über ihr eigenes Wohlergehen, über die eigene Situation, über die eigene Vorstellung?

Warum wird zum Beispiel nicht für den Tourismus geworben, damit die Besucher viel intensiver in das Land kommen? Denn es ist ein schönes Land, man kann viel sehen, schöne Natur, nette Städte, bei denen man sozusagen auch die lokale Identität wieder findet. Genau das ist etwas, wo ich glaube, dass intensiver angepackt werden könnte.

„Heimat ist das Herz, die eigene Identität.“

Weshalb denken Sie, sollten junge Menschen in diesem Land bleiben? Warum sollten sie nach ihrem Studium im Ausland wieder zurück in das Land kommen?

Es ist genau das Richtige. Ihr sollt mal raus gehen, nicht nur in Urlaub fahren, fremde Länder sehen, eine eigene Vorstellung entwickeln. Das kann auch bedeuten, dass man für einen bestimmten Zeitraum für ein Studium oder für ein längeres Praktikum ins Ausland geht, aber dann wieder in die Heimat zurückkehrt.

Heimat ist das Herz, ist die eigene Identität. Und wenn man sich einbringt, um die Heimat zu stärken, das Miteinander der Menschen zu stärken, gerade in Zeiten, wo vieles im Moment auseinanderbricht oder droht auseinanderzubrechen, dann ist das auch eine Verantwortung, die man als junger Mensch mit übernehmen sollte und übernehmen kann. Es ist sehr wichtig, den ganzen kulturellen Bereich der Identität zu stärken, das ist eine ganz wichtige Aufgabe, die wir gerade auch mitten in Europa als sinnvoll unterstützen sollten.

HS, LU