Karpatendeutsche Sagen und Märchen: Der Minnesänger Klingsor

Vor langer, langer Zeit, lebte im 13. Jahrhundert am Pressburger Hofe von König Andreas II. von Ungarn der Sangesmeister Klingsor. Er war vielseitig und wohlerfahren in allen freien Künsten. Er konnte als Bergkundiger sehr gut verborgene Schätze unter der Erde aufspüren. Wie kam er aber dazu?

Manche sagen, dass seine Heimatstadt Kremnitz war und er daher diese Gabe hatte. Seine Fähigkeiten waren außerordentlich. Dies wusste auch der König zu schätzen und belohnte ihn dafür reichlich.

Klingsor war ein ausgezeichneter Sänger und konnte schöne Lieder dichten. So sorgte er am königlichen Hof für viel Vergnügen und Spaß. Aber es gäbe kaum eine Sage von ihm, wenn er sich nicht auch auf die Zauberkunst verstanden hätte.

Eine Sage aus Thüringen erzählt von seinem tollsten Zauberkunststück. Eines Nachts soll er zusammen mit dem Sänger Heinrich von Ofterdingen von Pressburg nach Eisenach gelangt sein. Am Abend legten sich die beiden Künstler auf eine einfache lederne Matte und schliefen ein. Am nächsten Morgen als sie erwachten, sollen sie sich bereits in Eisenach befunden haben. Klingsor wurde nämlich auf die Wartburg berufen, um im Sängerkreis einen Streit zu schlichten. Am Hofe des Landgrafen Hermann I. trafen sich die damals bekanntesten Minnesänger weltweit. Unter ihnen war auch der ruhmreiche Walther von der Vogelweide. Er und andere edle Ritter traten in einem Liederwettstreit mit ihren neuesten Gesängen gegeneinander an.

Solche unglaubliche Geschichten können Zweifel an Klingsors Existenz wecken. Auch seine Weissagungen kann man als Legenden betrachten. Als im Jahre 1207 in einer Nacht die Hl. Elisabeth zur Welt kam, soll er auf der Wartburg weilend prophezeit haben: „In meiner Heimat wird heute der hellste Glanz Thüringens geboren.“

Trotz alledem, was geschah, ist Klingsor eine historische Persönlichkeit geblieben. Seinen Namen können wir auch in geschichtlichen und literarischen Quellen finden. Jedenfalls war er ein aus dem Karpatenraum stammender Minnesänger.

(nach Marian Markus, Pressburger Sagen)

Anna Fábová