Lydia Grentzer – Chorleiterin mit Musik im Blut
Am späten Nachmittag des dritten Advents 2018 ebbt der Beifall in der Kirche Mariä Geburt in Metzenseifen/Medzev ab. Pfarrer Peter Tirpák hatte sich erhoben. Sehr herzlich und wie alle Anwesenden noch ein wenig bewegt von dem dargebotenen musikalischen Programm dankt er dem Chor, den Solisten und der Chorleiterin Lydia Grentzer für das vorweihnachtliche Konzert. Etwa 90 Minuten waren vergangen, in denen eine perfekt zusammengestellte Mischung von Chor-, Solo- und gemeinsamen Gesang, Klavier- und Trompetensoli sowie besinnliche und weihnachtliche Texte vorgetragen wurde.
Was soeben wie ein Uhrwerk abgelaufen war, braucht aber gute Vorbereitung. Nach dem Konzert richteten wir dazu einige Fragen an Chorleiterin Lydia Grentzer.
Frau Grentzer, Ihr Name ist in Metzenseifen untrennbar mit Musik und Chor verbunden. Wann haben Sie erstmals einen Chor geleitet?
Nach dem Studium begann ich als Lehrerin in Kaschau/Košice zu arbeiten und warb sofort interessierte Schülerinnen und Schüler für das Singen im Chor an. Der erste Chor hieß “Radosť” (Freude). Die Kinder waren wirklich mit viel Freude dabei und erreichten bei gesamtslowakischen Wettbewerben gute Plätze.
Erinnern Sie sich an die Gründung des Karpatendeutschen Vereins im Jahr 1990, als unter Ihrer Leitung damals schon fast vergessene Volkslieder gesungen wurden?
Dieses Ereignis ist fest in meinem Gedächtnis verankert. Ganz so spontan, wie es manchmal dargestellt wird, war dieses Singen bei der Gründungsveranstaltung des KDV am 30.9.1990 im Dombachtal/Šugov nicht. Angeregt von Josef Quallich hatte sich bereits vor der politischen Wende um mich eine Gruppe zusammengefunden, die das Liedgut unserer Vorfahren pflegte. Einige davon waren bei der Gründungsveranstaltung anwesend und damit waren genügend Singende textsicher. So konnten wir unsere Freude über eine Institution für die deutsche Minderheit erstmals musikalisch artikulieren.
Wann begannen die Vorbereitungen für das heutige Weihnachtskonzert des Chores “Melodie”?
Sie begannen gleich nach dem vorjährigen Konzert. Bestimmt überlege ich schon heute Abend, wie ein Vorweihnachtskonzert im Dezember 2019 gestaltet werden kann.
Wie erfolgt die Auswahl der Lieder?
Nicht nur wenn es um die Auswahl der Musik geht, ist meine Tochter Gabriela eine wesentliche Stütze. Wir beide tauschen unsere Ideen aus, diskutieren, spielen auf dem Klavier auch Lieder an, verwerfen Ideen und kommen manchmal später wieder auf sie zurück. Dabei beschränken wir uns nicht nur auf Chorgesang und machen das Konzert mit solistischen Einlagen abwechslungsreich.
Das klingt nicht einfach.
Ja, das ist richtig. Und es sind noch andere Tücken. Für einige Lieder gibt es keine Noten, diese muss ich erst schreiben. Manchmal ist es mit den Texten ähnlich. Wir singen ja auch ungarische oder andere fremdsprachige Lieder. Noten und Texte müssen dann noch vervielfältigt werden. Da ist einige Arbeit im “Hintergrund” zu leisten.
Wie viele Proben gab es bis zur Premiere?
Wir proben jede Woche, in den letzten Monaten vor dem Konzert gibt es noch Proben extra: mit den Solisten und auch mit den Chormitgliedern, die zum Beispiel aus beruflichen Gründen nicht regelmäßig teilnehmen können.
Für welche Lieder musstet Ihr besonders lange proben?
In diesem Jahr war das die Cantate Deo von G.F. Händl.
Wie groß ist der Chor “Melodie” und wann entstand er?
Wir sind 26 Musikbegeisterte und seit 2011 zusammen.
Ist die Liebe zur Musik eine Familientradition beziehungsweise wie sind Sie eigentlich zur Musik gekommen?
Meine Mutter war sehr musikalisch. Sie muss wohl mein musikalisches Talent entdeckt haben und schickte mich zu privatem Klavierunterricht bei Frau Hermina Ribényi, die in der Nähe der Post wohnte. Von der immer sehr strengen Ribényi néni bekam ich oft Lob. Das hat sich auf mein Verhältnis zur Musik positiv ausgewirkt (schmunzelt).
Wird auch am Weihnachtsabend bei Ihnen gesungen?
Als meine Kinder noch zuhause waren, ja. Jetzt spiele ich am Weihnachtsabend Lieder am Klavier.
Haben Sie ein Lieblingslied unter den Weihnachtsliedern?
Das ist ganz klar “Stille Nacht, heilige Nacht”. Gerade jetzt feiert es seinen 200. Geburtstag, denn es wurde 1818 zum ersten Mal in einer Kirche bei Salzburg gesungen.
Vielen Dank, Frau Grentzer. Ihnen und Ihrem Chor alles Gute für 2019!
Dr. Heinz Schleusener