Neues Buch über Personen und Geschichten aus der Zips
Vom Staatspräsidenten aus Metzenseifen, über eine berühmte Bergsteigerin aus Matzdorf bis hin zum Heimatdichter oder Regisseur – die Geschichten in dem neuen Buch von Dr. Heinz Schleusener sind so vielfältig wie das Leben selbst. Wir sprachen mit dem Autor über die neue Publikation, seine Jahre lange Recherche und natürlich die Zips.
Du bist bei unseren Lesern ja dafür bekannt, dass du uns seit mehreren Jahren in der Rubrik „Berühmte Zipser“ die bekannten und weniger bekannten Zipser in unserem Karpatenblatt näherbringst. Warum liegt dir dieses Thema so am Herzen?
Die Geschichte der Zips hat mich schon immer interessiert. Durch meine Kontakte zu Nachkommen von ausgewanderten Zipsern erfuhr ich von dem Respekt und der Anerkennung, mit der sie die Leistungen ihrer Vorfahren bewerten. Ihren Ideenreichtum und Erfindergeist bewiesen sie in ihrer alten und auch neuen Heimat über die Jahrhunderte bis heute. Viele dieser Personen sind in Vergessenheit geraten, aus den unterschiedlichsten Gründen, und mit ihnen ihr Werk und ihre Erfindungen. Diese in Erinnerung und das Bewusstsein der heutigen Generationen zu bringen, ist Teil der Arbeit der Karpatendeutschen in der Slowakei. Das Interesse an Informationen dazu ist groß.
Dazu folgendes Beispiel: Einige Jahrzehnte konnten die Besucher des Restaurants der Pension Erika in Tatranská Lesná noch eine Musikbox (Jukebox) bewundern und sich an der abgespielten Musik erfreuen. Wer das Gerät erfunden hatte, interessierte weder den Inhaber noch die Gäste. Schade, denn der Erfinder war Johann Göbl (Name in den USA John Gabel), geboren im nur 67 Kilometer Luftlinie entfernten Ober-Metzenseifen/Vyšný Medzev. Mit diesem Wissen wäre im Jahr 2010 die Musikbox mit ihren Schallplatten vielleicht nicht im Schrott gelandet, sondern weiterhin eine Touristenattraktion.
Über diesen John Gabel habe ich im Mai 2015 erstmals im Karpatenblatt berichtet, mit einem erstaunlich positivem Echo. Weitere Beiträge dieser Art folgten daher, nun fast schon sieben Jahre lang. Es ist eine hohe Anerkennung, wenn mir Leser des Karpatenblattes sagen oder schreiben, dass zu den ersten Artikeln, die sie in einer neuen Ausgabe lesen, der über „Berühmte Zipser“ gehört.
Vor kurzem ist dein neues Buch „Personen und Geschichten aus der Zips – Aus Vergangenheit und Gegenwart“ herausgekommen. Herausgegeben hat es der Karpatendeutsche Verein mit der Unterstützung des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat. Wann hast du zum ersten Mal vom Karpatendeutschen Verein gehört?
Mein Schwiegervater ist ein gebürtiger Metzenseifner. In Kaschau/Košice lebend, verfolgte er nach der politischen Wende in der Slowakei die Bemühungen um eine eigene Vertretung der deutschen Minderheit mit großem Interesse. Durch ihn und die mir zu Freunden gewordenen Initiatoren der KDV-Gründung Walter Bistika, Wilhelm Gedeon, Josef Roob und Lydia Grentzer wurde ich über die Entwicklung des Karpatendeutschen Vereins stets gut informiert. Seitdem meine Frau und ich in der Slowakei leben, sind wir auch selbst Mitglieder des KDVs.
Auf über 400 Seiten erfährt der Leser in deinem neuen Buch spannende (Lebens-)Geschichten aus der Zips. Wie lange hast du an dem Buch gearbeitet?
Angefangen habe ich im Frühjahr 2014. Im Jahr 2021, als sich die Finanzierung des Druckes abzeichnete, habe ich mich praktisch nur noch mit dem Buch beschäftigt, d.h. vom Morgen bis in den späten Abend. Die Einschränkungen der Corona-Pandemie „erleichterten“ die Konzentration auf das Buch. Dank Telefon, E-Mail und sozialer Medien konnten viele Dinge erfragt beziehungsweise bestätigt werden. Ich bin allen angesprochenen Personen für ihre Hilfsbereitschaft sehr dankbar. Freundliche Bibliotheks- und Institutsmitarbeiter halfen beim Bereitstellen von erbetenen Informationen aus jetzt unzugänglichen Archiven. Nur so war es möglich, die im Buch zu findenden, reichlich bebilderten 149 Geschichten dokumentarisch belegt zu verfassen. An dieser Stelle muss ich meine Frau Gabriela nennen, die mich bei den Recherchen und den vielen in ungarischer Sprache vorliegenden historischen Texten als Dolmetscherin unterstützt hat.
Was für ein Gefühl war es, als du das Buch dann in den Händen gehalten hast?
Es ist schon eine große Freude, wenn man das Ergebnis jahrelanger Arbeit in dieser Form vor sich sieht. Da sind kleine Ungereimtheiten mit der Druckerei schnell vergessen ebenso wie die Tatsache, dass wegen des begrenzten Buchumfangs das Bild- und das Namensverzeichnis keinen Platz mehr fand.
Welcher Zipser hat dich bei deiner Recherche für das Buch besonders überrascht?
Da sind sicher einige zu nennen. Zwei davon sind der Architekt Gedeon Majunke und der Politiker Johann Ludvigh. Bei Majunke überraschte nicht nur mich sein umfangreiches architektonisches Schaffen in der Hohen Tatra. Die Recherche zu Ludvigh führte mich zu seinen Nachkommen in den USA, die an der Familiengeschichte arbeiteten, und über diese zu Johann Ludvighs Söhnen Elek und Gyula mit ebenfalls interessanten Lebensabläufen.
Das Buch ist durch reiches Bildmaterial, Stammbäume und historische Dokumente ergänzt. Es war sicher nicht einfach, diese ganzen Informationen zu finden. Wie bist du bei der Recherche vorgegangen?
Das Ausgangsmaterial war sehr vielschichtig. Alte Bücher, meist in deutscher oder ungarischer Sprache und ab Mitte des 19. Jahrhunderts auch Zeitschriften brachten wichtige Informationen, die zu überprüfen waren. Sofern möglich, wurde die Person selbst oder deren Nachkommen befragt und um das Bestätigen von Aussagen gebeten. Mit Stammbäumen oder besser der Ahnenforschung beschäftige ich mich seit mehr als 25 Jahren. Meine diesbezüglichen Erfahrungen konnte ich an einigen Stellen in das Buch einfließen lassen.
Bei so vielen Zipser Geschichten und Persönlichkeiten, mit denen du dich schon beschäftigt hast, bleibt eigentlich nur noch eine Frage: Wer steht als Nächstes auf deinem Plan? Auf welche Zipser Persönlichkeit dürfen wir uns freuen?
Im Februar-Karpatenblatt ist es Johann Georg Rainer aus Georgenberg/Spišská Sobota, auf dessen Spuren ich noch im Januar in der Hohen Tatra gewandert bin.
Das Gespräch führte Katrin Litschko.