Berühmte Zipser: Johann Georg Rainer

Dem Namen Rainer begegnet man heute in der Hohen Tatra an verschiedenen Stellen. Einige Erinnerungs- und Hinweistafeln sowie eine Hütte tragen seinen Namen. Sie würdigen das Leben und Werk eines Mannes, der mit gutem Recht als Pionier des Tatra-Tourismus bezeichnet wird.

Ein Blick in das Taufregister des Jahres 1800 von Georgenberg/Spišská Sobota bringt gleich zwei Überraschungen. Zu diesen zählen nicht die gut lesbaren, in Deutsch geschriebenen Einträge, sondern die Schreibweise seines ersten Vornamens und die des Nachnamens. Die bislang wohl detaillierteste Schilderung des Lebensweges von Johann Georg Rainer verfasste der Pfarrer und Historiker Samuel Weber.

Johann Georg Rainer (1846)
Das Bild zeigt eine Lithographie von Miklós Szerelmey aus Szabadhegy (heute Teil von Györ), der als Nicolaus Carl Liebe geboren und dessen Name „magyarisiert“ wurde.

Weber bezeichnet ihn in seiner 1901 erschienenen „Ehrenhalle verdienstvoller Zipser des IX. Jahrhunderts“ als Johan Georg Rainer, begnügt sich also mit einem einzigen „n“ im Vornamen. Dieser Fehler ist auch auf der Gedenktafel am Rand von Starý Smokovec zu finden (siehe Bild weiter unten).

Die zweite Überraschung ist der Nachname Reiner anstelle der später verwendeten Schreibweise Rainer. Beides kann aber als zu dieser Zeit übliche Ungenauigkeit angesehen werden. Da Reiner ein in und um Georgenberg häufiger Nachname war, ist es auch möglich, dass sich Johann Georg später mit der Schreibweise Rainer vor Verwechslungen schützen wollte.

Der Taufeintrag vom 4. April 1800. Geboren wurde Johann Georg am 3. April.

Johann Georg oder Ján Juraj bzw. János György?

Das einfache Übersetzen seiner beiden Vornamen in die slowakische beziehungsweise ungarische Sprache und die daraus folgenden Namensgebungen Ján Juraj Rainer bzw. Rainer János György sind in der slowakischen beziehungsweise ungarischen Literatur üblich.

Zumindest Genealogen sehen das generell kritisch, denn damit wird nicht nur der originale Geburtseintrag verfälscht, auch die weitere Rückverfolgung der Vorfahren kann in eine falsche Richtung geleitet werden. 

Zwischen 1795 und 1819 zehn Kinder geboren

Johann Georg Rainers Eltern waren Elias Reiner und Anna Cathrina Johannÿ. Für seinen Vater ist in den Kirchenbüchern der Beruf „Fleischhacker“ zu finden, eine in der Vergangenheit in Österreich übliche Bezeichnung für Fleischer beziehungsweise Metzger. In dieser Ehe wurden zwischen 1795 und 1819 zehn Kinder geboren, sieben Jungen und drei Mädchen. Vier Kinder starben kurz nach der Geburt. Zum Teil sind die Taufeinträge sehr detailliert wie der von dem am 31. Oktober 1809 geborenen Sigmund.

Ausschnitt aus dem Geburts- und Taufeintrag für Sigmund Reiner

Der Pfarrer taufte das um 4 Uhr nachmittags geborene Kind um halb 12 Uhr in der Nacht. Kurz darauf, um 12 Uhr nachts, starb der kleine Sigmund. In früheren Berichten ist zu lesen, dass Johann Georg nur mit den drei Schwestern aufwuchs. Das ist nicht ganz richtig, denn seinen am 18. Januar 1798 geborenen älteren Bruder Ephraim Reiner, der nur 19 Jahre alt wurde und am 11. März 1817 starb, hatte er noch als Spielgefährten.

Schule, Beruf und Ehe

Johann Georg besuchte die Schule in Georgenberg und anschließend das Lyzeum in Kesmark. Die für ihn vorgesehene Laufbahn eines Kaufmannes behagte ihm nicht. Als zu diesem Zeitpunkt einziger verbliebener Sohn fiel es dem Vater dann aber nicht schwer, Johan Georgs Wunsch, auch das Fleischerhandwerk zu erlernen, zu erfüllen. Mit dem Erwerb des Meisterbriefes schuf er danach die Grundlage für gutes Einkommen und wachsenden Wohlstand.

Am 22. Juni 1828, nun 28 Jahre alt, heiratete Johann Georg Rainer die am 31. August 1810 geborene Elisabeth Bartsch aus Matzdorf/Matejovce. Sie wird als liebenswürdige, klug handelnde junge Frau beschrieben, die großen Anteil an den Erfolgen ihres Mannes hatte. Diese Erfolge begannen mit dem klugen Verwenden der Einnahmen aus der Fleischerei. Bald nach der Heirat pachteten sie ein Wirtshaus in Georgenberg. Es diente auch als Markt für die Fleischprodukte. 

Etwas später, im Jahr 1830, kam ein Wirtshaus im nahegelegenen Deutschendorf/Poprad hinzu.

Es geht nach Schmecks

Im Jahr 1833 pachtete Johann Georg Rainer den kleinen Ort Schmecks, das heutige Starý Smokovec für sechs Jahre. Seine Erfahrungen als Gastwirt waren inzwischen groß, er wollte nun auch dort die Besucher des Ortes bewirten und ihnen Unterkünfte anbieten.

Der Besitzer des Ortes, der Erb-Ober-Gespan des Komitates Zips, Graf Carl Csáky, schätzte ihn als zuverlässig zahlenden Pächter für die von ihm bereits eingerichteten Objekte ein. Durch den Groß-Schlagendorfer Pfarrer Thomas Mauksch beeinflusst, hatte Carl Csákys Vorgänger, der Graf Štefan Csáky (1741-1810), im Jahr 1793 eine Jagdhütte bauen lassen. Seitdem hatte der Besucherzustrom stetig zugenommen. Ziel war die am Hang der Schlagendorfer Spitze/Slavkovský štít befindliche, als Schlagendorfer oder auch Mühlenbacher Sauerbrunn bezeichnete Quelle. Deren saures Wasser wurde als Heilmittel bei Blasen- und Nierenkrankheiten genutzt. Wegen seiner Lagerfähigkeit wurde es aber auch als Trinkwasser in Weinfässern bevorratet. 

Rainer investierte in Schmecks in großem Umfang. Es entstand eine Kaltwasseranstalt und dazu Speise-, Spiel- und Tanzsäle. Er ließ Wege und Stege einrichten, dabei entdeckte er zwei weitere Quellen, die Rainer- und Elisabeth-Brunnen genannt wurden. Später bekamen sie die bis heute gültigen Namen Castor und Pollux. Er ließ ein Wasserversorgungssystem bauen, das die Siedlung mit Quellwasser von den Hängen der Schlagendorfer Spitze versorgte. Durch günstige Preise für Unterkunft, Verpflegung und das Quellwasser wuchs das Interesse an Aufenthalten in Schmecks, Gäste kamen auch aus dem Ausland.

Zum Ortsnamen Schmecks

Das, was der Ortsname Schmecks dem deutschen Leser suggeriert, nämlich eine Beziehung zum Wort „schmecken“, wird in einem Bericht aus dem Jahr 1833 in der Zeitung „Der Bote von und für Ungern“ bestätigt. Er soll von einem Schild stammen, das vor einem früheren Wirtshaus stand und mit der Frage „Schmeckts?“ für die Einkehr geworben hat.

Eine Erklärung für den Ortsnamen aus dem Jahr 1833

Pachtvertrag wird verlängert

Als der Pachtvertrag 1839 vor dem Auslaufen stand, wurde er um weitere acht Jahre verlängert. Mit den Pachtzahlungen an Graf Carl Csáky gab es auch Festlegungen zu den Preisen von Speisen, Unterkünften, des Einstellens von Wagen und Pferden und das Sauerwasser. Kinder wurden gratis untergebracht und verpflegt. Im Jahr 1841 kaufte sich die Ortschaft Mühlenbach/Mlynica von den Csákys frei und übernahm von diesen auch Schmecks für 32 Jahre.

Im Jahr 1847 vereinbarte Johann Georg Rainer mit Mühlenbach eine für beide Seiten vorteilhafte Weiterführung seiner Arbeit in Form eines auf 30 Jahre befristeten Pfandvertrages. Rainer nahm weitere Ausbauten vor, neben neuen Gebäuden mit Gartenanlagen und einem Springbrunnen ließ er weitere Wege für Wanderer und schließlich auch eine gerade Zufahrtstraße bauen. Damit legte er die Grundlagen zum heutigen Alt Schmecks/Starý Smokovec (ung. Ótátrafüred).

In seinen besten Zeiten gab es im Ort 250 Übernachtungsmöglichkeiten und 290 Gaststättenplätze.

Verkauf nach dem Tod der Ehefrau

Bereits 1851, als sich das Bad zu einem großen Unternehmen entwickelt hatte, dachte Rainer daran, sich zurückzuziehen und schien in dem Wiener Arzt Dr. Bach einen guten Nachfolger gefunden zu haben. Das war aber eine Täuschung und Rainer musste 1853 wieder die Leitung übernehmen, um das von ihm Geschaffene auf dem erreichten Niveau zu halten. Seine Suche nach einem anderen, zuverlässigen Nachfolger war erfolglos.

Verkaufsanzeige von 1857 (Übersetzung: Tatra-Füred (Schmecks) ist ein berühmter und beliebter Kurort im Zipser Komitat direkt unter der Tatra, der mit allen Rechten an Gebäuden und Bädern für die Dauer des Pfandrechts (bis 1877) frei verkauft wird. Diejenigen, die wirkliches Interesse an einem Kauf haben, wenden sich wegen der Bedingungen und weiteren Informationen direkt an RAINER J. G., den derzeitigen Eigentümer des Kurorts. (Spišská Nová Ves, Post Poprad). Georgenberg, Oktober 1987)

Am 20. Oktober 1867 starb seine Frau Elisabeth. Mit ihr ging seine wichtigste Stütze verloren. Nun verkaufte er endgültig, im Oktober 1868 an den Kaufmann Carl Schwarz. Er behielt eines der Häuser und verbrachte dort die Sommermonate. Am 23. Februar 1872 starb Johann Georg Rainer in Georgenberg.

Großzügiges Testament

In seinem Testament bedachte er viele Einrichtungen, darunter acht Schulen und wissenschaftliche Einrichtungen. Den größten Anteil bekam das Kesmarker Lyzeum mit dem Betrag von 10.000 Gulden und der Festlegung, das Geld in Form einer (Rainer)-Stiftung sicher und ertragsbringend anzulegen und einen bestimmten Teil als Schmeckser Rainer-Stipendium für den fleißigsten evangelischen Schüler eines jeden Jahrgangs zu verwenden. Auch für die Gehaltsverbesserung der Lehrer sollte ein Teil genutzt werden. Als Freund der Natur besaß er eine große Sammlung (ausgestopfte Vögel und Säugetiere, Vogelnester und -eier, Amphibien, Schlangen, Fische), die er dem Nationalmuseum vermachte.

Hütte, Naturlehrpfad und Erinnerungstafel

Heute stößt der Tatra-Besucher in den Bergen um Starý Smokovec mehrfach auf den Namen Rainer. Ein Naturlehrpfad trägt seinen Namen, die von ihm gebaute Schutz-Hütte (Rainerova útuľňa bzw. Rainerova chata) und eine Erinnerungstafel machen den Mann, dem das heutige Starý Smokovec viel zu verdanken hat, unvergessen.

Erinnerungstafel (Foto: Zuzana Pravňanská)
Die Rainer (Schutz-)Hütte im Januar 2022

Dr. Heinz Schleusener