Rudolf Schuster feiert 90. Geburtstag
Am und um den 4. Januar 2024 berichten die Rundfunk- und Fernsehstationen über ein besonderes Thema: den 90. Geburtstag des ehemaligen slowakischen Staatspräsidenten. Das Material dazu liefert Dr. Rudolf Schuster selbst, denn der vielseitige Jubilar hat einiges erlebt.
Im Lebensweg des in Metzenseifen/Medzev aufgewachsenen Rudolf Schuster spielten Sprachen eine große Rolle. In seiner Schulzeit änderte sich die Unterrichtssprache von Deutsch auf Slowakisch. Damit hatte Rudolf aber kein Problem, denn in seinem großen Freundeskreis sprach man ungarisch, slowakisch und deutsch und er wuchs so mit dieser Sprachenvielfalt auf. Die russische und die englische Sprache kamen später hinzu.
Seine Sprachkenntnisse bauten nicht nur in der Kindheit und Jugend viele Brücken. Später, als Primator von Kaschau/Košice, dann als Botschafter seines Landes für Kanada und schließlich als Staatspräsident öffneten ihm diese viel leichter Kontakte und nützliche Beziehungen für seine Stadt beziehungsweise das ganze Land.
Mit den genannten Sprachen begnügte sich Rudolf Schuster aber nicht. So hielt er als Staatspräsident bei einem Besuch in China eine zehnminütige Rede in der Landessprache und hatte damit sofort die Herzen der anwesenden chinesischen Diplomaten gewonnen. Bei einem offiziellen Besuch im Nahen Osten hielt er zum Beispiel eine 12 Minuten dauernde Ansprache auf Arabisch.
In Italien begeisterte er Romano Prodi, von 1996 bis 1998 Ministerpräsident und später EU-Kommissionspräsident, mit einer 22 Minuten langen, in italienischer Sprache gehaltenen Rede so sehr, dass der sonst so wortgewaltige Mann fast die Sprache verlor.
Politiker und Fachmann zugleich
Heute wird viel darüber diskutiert, ob ein Politiker eine abgeschlossene Ausbildung und Berufserfahrung haben soll. Das Lebenswerk des Dr. Rudolf Schuster gibt darauf eine klare Antwort. Dank seinem in Lehre, Studium und Beruf erworbenen Wissen als Bauingenieur, Verantwortlicher für Investitionen und Prozessorganisator konnte Rudolf Schuster als Kaschauer Primator die komplexe Rekonstruktion der Altstadt erfolgreich durchführen. Sein bauliches Konzept der Erhaltung der Fassaden in ihrer ursprünglichen Form, das man in der Stadt zunächst ablehnte, wurde von internationalen Fachleuten schließlich nicht nur als richtig bestätigt, sondern hat sich mittlerweile überall durchgesetzt.
Viele Widerstände hatte Rudolf Schuster auch zu überwinden, als er die Städtepartnerschaft mit Wuppertal anstieß. Zunächst als Stellvertretender, dann als Oberbürgermeister setzte er seine Erfahrungen bei den Besuchen westeuropäischer Städte zum Vorteil Kaschaus um. Er machte das so gut, dass später eine Delegation aus Wuppertal mit einer erstaunlichen Frage nach Kaschau kam. Man wollte wissen, wie man es schafft, dass die Kaschauer Innenstadt so sauber und ordentlich ist!
Fotograf, Filmemacher, Autor und Sänger
Der Platz reicht nicht aus, um alle Bücher, Filme, Hörspiele und Lieder zu nennen, die der Jubilar geschrieben oder aufgenommen hat. Zu allem gäbe es viele Ereignisse zu schildern. Hier soll nur ein Neujahrsempfang genannt werden, bei dem auf dem Amtssitz des Präsidenten dieser den anwesenden Kammersänger Peter Dvorský um das Anstimmen eines Liedes bat, die Anwesenden zum Mitsingen aufforderte und auch selbst sang. Es gibt CDs mit Gesangsaufnahmen in slowakischer und deutscher Sprache. Rundfunksender machten mit ihm Aufnahmen von Weihnachtsliedern. Alles lässt sich gut anhören.
Von seinen zahlreichen Büchern, die von dokumentarischen und historischen Werken über Novellen bis zu Kriminalromanen reichen, sollen hier drei genannt werden. Das aktuellste ist das 5,5 Kilogramm schwere, in drei Sprachen erschienene „Brazíl – Schuster Expedícia IV.“ (2023). Das Buch berichtet über die vier Generationen der Schuster-Familie, die an vier Expeditionen von 1927 bis 2014 teilnahmen. Es zeigt das Land und seine Natur in einzigartigen Aufnahmen. Für dieses 992 Seiten umfassende Werk und sein erfolgreiches Wirken für gute Beziehungen zwischen Brasilien und der Slowakei erhält Rudolf Schuster in diesen Tagen den höchsten Orden Brasiliens, den Nationalen Orden vom Kreuz des Südens.
Weiterhin ist im Jahr 2023 sein Bildband „Kvety ČermeÍa“ über das Kaschauer Tschermeltal erschienen. Wer mehr über das Leben dieses bedeutenden Karpatendeutschen wissen möchte, dem sei das Buch „Rudolf Schuster – Das Vorbild meiner Eltern hat mir Kraft gegeben. Vom Dorfjungen zum Staatsoberhaupt.“(2018) empfohlen. Es ist auch in slowakischer Sprache erschienen.
Der 75. am Südpol, der 90. in Kaschau
Da es zeitlich gut passte, wollte Rudolf Schuster eine filmische Dokumentation über den Südpol zu seinem 75. Geburtstag an eben diesem markanten Punkt drehen. Die Forschungsstation am Südpol kann wetterbedingt nur zwischen Oktober und Februar mit einem Flugzeug erreicht werden. Die Alternative wäre die Fahrt über 1.600 Kilometer durch das ewige Eis.
Rudolf Schusters Bemühungen für so einen Flug wurden aber von den zuständigen Stellen abgelehnt. Er sei zu alt, hieß es. Da war es gut, dass Rudolf Schuster mit dem Ende 2008 gerade noch amtierenden US-Präsidenten G. W. Bush gute Beziehungen hatte. Dieser ermöglichte in seinen letzten Amtstagen noch den Flug mit einer amerikanischen Maschine. Am 4. Januar 2008 verhinderte starker Nebel noch Aufnahmen, einen Tag später konnte dann auf Film gebannt werden, wie Rudolf Schuster mit der slowakischen Fahne in der Hand den Südpol zu Fuß umrundete.
Seinen 90. Ehrentag verbringt unser ehemaliger Staatspräsident aber im wärmeren Kaschau. Die Leser des Karpatenblattes gratulieren Dr. Rudolf Schuster sehr herzlich und wünschen ihm viel Gesundheit, Schaffenskraft und Freude in und an der Familie!
Dr. Heinz Schleusener