Deutsche Ukraine

Über die Deutschen in der Ukraine

Nach den Angaben der letzten Volkszählung 2001 gibt es in der Ukraine 33 000 Deutsche. Angehörige der deutschen Minderheit leben überwiegend in der Ost- und Südukraine, der Großteil in den folgenden Gebieten: Donezk, Dnipro, Transkarpatien, Odessa und auf der Krim.

Die Verteilung war ungefähr so: etwa 5 000 im Gebiet Donezk, 9 000 in Dnipro, Saporischschja, Charkiw und Luhansk; 8 000 auf der Krim-Halbinsel (die Halbinsel wurde 2014 durch Russland annektiert), in Odessa, Mykolajiw und Cherson. Im Westen – im Gebiet Transkarpatien – wohnen rund 3 500, im Norden – in der Region Kiew – etwa 1.600 Deutsche. Der Rest verteilt sich über die gesamte Ukraine.

Da die Ukraine erst im 20. Jahrhundert eine nationalstaatliche Selbstständigkeit erreichte, ist ihre kulturelle Entwicklung in hohem Maße durch die in den vorangegangenen Jahrhunderten wirkenden Einflüsse besonders durch das Zarenreich Russland und das Habsburger Reich mitbestimmt worden.

Im Zarenreich

Der größte Teil der Ukraine war ein Siedlungsschwerpunkt der Deutschen im Zarenreich. Siedlungsgebiete der deutschen Siedler, die vor allem nach den Anwerbungsbemühungen unter Alexander I. (1777 – 1825) Kolonien gründeten, waren die weiten, nach den Türkenkriegen dünn besiedelten, aber zum Teil sehr fruchtbaren Landflächen. Darüber hinaus gab es wie in anderen Städten des Zarenreichs viele Deutsche in den städtischen Zentren, in Kiew, Charkow und vor allem in der neu gegründeten Handelsmetropole am Schwarzen Meer, in Odessa.

Von den 1860er Jahren bis zum Anfang des Ersten Weltkrieges wurden in der Ukraine über 2000 Siedlungen mit überwiegend deutscher Bevölkerung errichtet. Während des Ersten Weltkrieges kam es unter der Zaren-Regierung zu Massenrepressalien gegen die deutsche Bevölkerung des Russischen Reichs. Mehr als 400 000 Deutsche wurden aus den Frontgebieten in den Osten zwangsumgesiedelt. Erst seit 1918 konnten sie in die Ukraine zurückkehren.

Deutsche Ukraine
Auswanderung von Deutschen in das Schwarzmeer- und Wolgagebiet

Im Habsburger Reich

Einige Teile der Ukraine gehörten im 19. Jahrhundert zum Habsburger Reich: Galizien mit Zentrum im Lemberg (ukrainisch Lviv, polnisch Lwów), Bukowina mit der berühmten Kulturstadt Czernowitz (ukr. Tscherniwzy) und Transkarpatien mit seinem Zentrum in Mukatschewo (ukr. Mukačevo). Die Deutschen in Transkarpatien lebten in den Jahren 1918 bis 1945 mit den Slowakeideutschen in einem Staat, deswegen wurde auch für sie die Benennung „Karpatendeutsche“ benützt.

Die letzten einhundert Jahre

Nach einer kurzen Selbstständigkeit der Ukraine 1918 bis 1921 wurde 1922 die ukrainische Sowjetrepublik gegründet, deren Eigenständigkeit jedoch sehr stark von der Moskauer Zentralmacht eingeschränkt war. Vor dem Zweiten Weltkrieg lebten auf dem Territorium der heutigen Ukraine etwa 880.000 ethnische Deutsche.

In den Jahren des Zweiten Weltkrieges wurden mehr als 450 000 Deutsche aus der Ukraine in die östlichen Regionen der Sowjetunion deportiert. Von ihnen verlor jeder dritte bei der Deportation oder in den Arbeitskolonien des Innenministeriums der UdSSR und in den Sondersiedlungen das Leben. Das administrative Verbot über die Rückkehr der Deutschen in die Ukraine wurde erst 1972 aufgehoben. Seit 1991 ist die Ukraine politisch unabhängig.

Deutsche Ukraine
Deutschtum in der Karpaten-Ukraine

Vor dem 24. Februar 2022

Bis 1991 sind mehr als 38 000 Deutsche aus Zentralasien in die Ukraine zurückgekehrt. Das sind weniger als 5 Prozent der deutschen Bevölkerungszahl in der Vorkriegszeit. In der Ukraine gab es über 140 registrierte Organisationen der deutschen Minderheit. Die Mehrheit wird vom zentralen Dachverband, dem Rat der Deutschen der Ukraine (der Vorsitzende ist unser Freund Wolodymyr Leysle) repräsentiert.

Vorsitzender des Rates der Deutschen in der Ukraine
Der Vorsitzende des Rates der Deutschen in der Ukraine, Wolodymyr Leysle

Die deutsche Minderheit der Ukraine sieht sich als Bindeglied zwischen der Ukraine und den deutschsprachigen Ländern in Europa, hilft in der Entwicklung des Jugendaustausches, bei bilateralen Wirtschaftsinitiativen und bei der Etablierung nachhaltiger kommunaler Kultur und Städtepartnerschaften. Diese Bemühungen haben durch den jetzigen Krieg einen schweren Schlag erlitten.

O.P.