Die Johannes Paul der II.-Glocke

Versöhnungsglocken erinnern an Massaker von Prerau

An die größte Tragödie der Karpatendeutschen im Juni 1945 erinnern jährlich seit 1993 die mährische Stadt Prerau/Přerov und die karpatendeutschen Verbände in Deutschland und in der Slowakei. Im Rahmen der Gedenkveranstaltung diesen Juni wurden auch zwei Glocken eingeweiht, die ein Zeichen der Versöhnung sind.

Die Karpatendeutschen erlebten die fürchterlichsten Geschehnisse auf den Schwedenschanzen unweit von Prerau in der Nacht vom 18. auf den 19. Juni 1945: 267 aus der Evakuation zurückkehrende Zipser, die meisten aus Dobschau/Dobšiná, und Hauerländer, alle aus Drexlerhau/Janova Lehota, wurden erschossen. Es waren überwiegend Frauen, Kinder und ältere Männer. Nach der Exhumation des Massengrabes im Jahre 1947 wurden die Überreste der Männer auf dem Friedhof in Prerau beigesetzt und die Asche der Frauen und Kinder wurde nach der Kremation auf dem Friedhof in Olmütz/Olomouc beigesetzt.

Gedenken an die Opfer

Die erste Gedenkstätte auf dem Friedhof in Prerau wurde von der „Drexlerhauer Gemeinschaft e.V.“ im November 1993 errichtet. Im Jahre 2017 gelang es nach 72 Jahren, die Überreste der Frauen und Kinder von Olmütz nach Prerau zu überführen und mit den Männern zusammenzuführen. Neben dem ersten Gedenkkreuz wurde dann auch ein zweites aufgestellt, neben diesen befinden sich zwei Steinblöcke mit den Namen der Ermordeten. Am 17. Juni 2018 wurde am Orte des Massenmordes an den Schwedenschanzen ein monumentales, vier Meter hohes Eisenkreuz eingeweiht. Die Herstellung wurde völlig von der Stadt Prerau und mit Spenden der Bewohner der dortigen Orte finanziert.

Am 18. Juni 2023 hat die Stadt Prerau schon zum 30. Mal eine Gedenkveranstaltung anlässlich der tragischen Ereignisse an den Schwedenschanzen vorbereitet. Zuerst fand am Friedhof von Prerau bei der Gedenkstätte ein Gebet mit einer Kranzniederlegung statt, am Nachmittag trafen sich die Anwesenden bei dem Kreuz an den Schwedenschanzen – am Ort des Massenmordes.

Der Höhepunkt der diesjährigen Veranstaltung war die Einweihung zweier Versöhnungsglocken in der Sankt-Laurentius-Kirche in Prerau. Die Glocken wurden in der Glockengießerei Rudolf Perner in Passau im Herbst 2022 gegossen und im Juni 2023 nach Prerau überführt.

Glocken als Zeichen der Versöhnung

Die große Glocke, die Johannes Paul der II.-Glocke, ist 1.800 Kilogramm schwer. Auf der Glocke sind die Namen der Familien der kindlichen Opfer des Massakers verewigt und auch die Gemeinden, aus denen sie stammen. „Es hat eine fast erschreckende Symbolik, denn das jüngste Opfer des Massakers war ein neun Monate alter Junge mit dem Namen Johannes Paul“, sagte Petr Mlčoch vom Verein Přerovské zvony smíření (Prerauer Versöhnungsglocken). Ein Teil der großen Glocke ist eine Dornenkrone, die ein Zeichen des Leidens ist. Aus der Ferne korrespondiert sie mit der Dornenkrone auf dem geschmiedeten Kreuz, das seit 2018 auf den Schwedenschanzen steht.

Die Johannes Paul der II.-Glocke
Die Johannes Paul der II.-Glocke

Die zweite Glocke heißt „Franz von Assisi“ (circa 400 Kilogramm schwer). Der Name Franziskus ist unter anderem eine Erinnerung an den römisch-katholischen Priester und geheimen päpstlichen Kämmerer František Přidálek, der lange Zeit Pfarrer in Prerau/Přerov war.

„Vor den Umbauten am Turm der Sankt-Laurentius-Kirche und dem Glockenturm bleiben die Glocken in der St.-Laurentius-Kirche stehen. Die Nachzahlung für die große Glocke, die sich auf fast 400.000 Kronen beläuft, müssen wir noch begleichen. Und dann müssen wir den Glockenstuhl anpassen, was noch einmal eine halbe Million Kronen kosten wird“, erklärte der Vorsitzende des Vereins und Dekan Josef Rosenberg. Beides soll bis zum nächsten Jahr geschafft werden, denn dann wird das fünfhundertjährige Jubiläum der Kirche gefeiert.

Der Bürgermeister von Prerau Petr Vrána, Brunhilde Reitmeier Zwick, Andrea Goleinová und Ondrej Pöss
Der Bürgermeister von Prerau Petr Vrána, Brunhilde Reitmeier Zwick, Andrea Goleinová und Ondrej Pöss

Die Bundesvorsitzende der Karpatendeutschen Landsmannschaft Brunhilde Reitmeier-Zwick, der Vorsitzende des Karpatendeutschen Vereins Ondrej Pöss und auch die Bürgermeisterin von Mühlenbach/Mlynica Andrea Goleinová bedankten sich im Namen aller Karpatendeutschen und auch der anwesenden Verwandten der Opfer der Stadt Prerau sowie dem römisch-katholischen Pfarramt für die Durchführung der sehr würdigen Veranstaltung. Das beweist, dass das Schicksal der unschuldigen Opfer aus dem Nachbarland für die Prerauer Stadtväter nicht teilnahmslos ist. Großer Respekt, Anerkennung und unseren großen Dank für diese Haltung!

Ondrej Pöss