30 Jahre Karpatendeutscher Verein

30 Jahre Karpatendeutscher Verein: Die Anfänge

Viele von uns haben eigene Erinnerungen an die Monate des Jahres 1990, die am 30. September 1990 zur Gründung des Karpatendeutschen Vereins in der Slowakei in Metzenseifen führten. Wie es bei der Entstehung von etwas Neuem häufig ist, so war auch der Weg zur Gründung unseres Karpatendeutschen Vereins keine ebene Fahrbahn. Er hatte verschiedene Kurven, Sackgassen und sogar Gegenverkehr. Wichtig aber ist, dass der Weg durch eine Ziel führende Beschilderung gekennzeichnet wurde.

Die Schicksale der in der Tschechoslowakei lebenden Karpatendeutschen vor 1990 waren stark durch die Folgen des Krieges, Diskriminierung und Assimilierung betroffen. Homogene deutsche Dörfer und Städte existierten nicht, in der Slowakei gab es keine Organisationen der Deutschen. In Tschechien gab es seit 1969 den Kulturverband der Bürger deutscher Nationalität, der aber nicht in der Slowakei tätig war.

Ein erstes Erwachen der Deutschen in der Tschechoslowakei in dieser Hinsicht haben wir am Jahresende 1989 registriert, als in Prag bei der antikommunistischen Bewegung, dem Bürgerforum, auch eine Nationalitäten-Kommission mit einer deutschen Sektion entstand.

Julius Kiss

Parallel verfolgten wir auch die Aussagen von Staatspräsident Vaclav Havel und Außenminister Jiří Dienstbier am Anfang des Jahres 1990. Sie meinten, dass das Problem der „Aussiedlung“ der Deutschen neu zu überdenken sei. Kardinal Tomášek bedauerte die Vertreibungsverbrechen. Die heftigen Reaktionen darauf werden noch bis heute kommentiert.

Ein erstes karpatendeutsches öffentliches Auftreten waren die Artikel von Julius Kiss aus Deutschendorf in dem Wochenblatt Podtatranské noviny vom Januar und Februar 1990.

30 Jahre Karpatendeutscher Verein
Artikel von Julius Kiss in der Zeitung Východ

Am 2. März 1990 veröffentlichte er in der Zeitung „Východ“ den Artikel „Povedať pravdu o krivdách“ (Die Wahrheit über Unrecht sagen). Kiss schrieb auch, dass man einen Kulturverein oder einen Kreis von Bürgern deutscher Nationalität gründen könnte.

Verband der Deutschen in der Tschechoslowakei

Im Januar 1990 war es gelungen, einen auf Deutsch und Tschechisch durchgeführten Fernsehaufruf an die im Lande verbliebenen Deutschen durchzuführen. Als sich danach die Leitung des Kulturverbandes ohne Rücksicht auf seine Mitglieder nicht demokratisieren wollte, wurde beschlossen, einen neuen Verband, den Verband der Deutschen in der Tschechoslowakei, aufzubauen.

Am 12. März 1990 erteilte das tschechische Innenministerium dem Verband die Zustimmung zur Ausübung seiner Tätigkeit. Sein Wirkungsbereich war das gesamte Gebiet der Tschechoslowakei und es wurde empfohlen, vorbereitende Ausschüsse der Ortsgruppen zu bilden, die in der Slowakei auch über die örtliche VPN (Öffentlichkeit gegen Gewalt) bekannt gegeben werden sollten. Auf dem Gründungskongress am 9. August 1990 wurde Walter Piwerka zum Vorsitzenden des Verbandes gewählt. Als Vorstandsmitglied wurde auch Mathias Schmögner aus Metzenseifen gewählt, der zugleich für die Regionalorganisationen der Karpatendeutschen zuständig sein sollte.

Etliche Karpatendeutsche nahmen mit dem Verband Kontakt auf: Da nennen wir nur Gabriele Kinzler, Julius Kiss, Stefan Kozak, Aurel Roth, Mathias Schmögner und besonders Josef Roob, der in der Verbandszeitung „Deutsche Zeitung“ auch einige Beiträge über die Karpatendeutschen veröffentlicht hat.

Die Verbandszeitung

Die Leitung des Verbandes wollte auch in der Slowakei Verbandsstrukturen aufbauen. Am 15. Juni 1990 fand auf Einladung des Vorbereitungsausschusses dieses Verbandes in Einsiedel an der Göllnitz/Mníšek nad Hnilcom eine Sitzung statt, auf der man über die Gründung der Ortsgruppen des Verbandes in der Slowakei reden sollte. Anwesend waren zwei maßgebende Vertreter des Verbandes: Walter Piwerka und Arnold Keilbert. Die Karpatendeutsche Landsmannschaft aus Deutschland vertraten Ernst Hochberger und Adalbert Haas. Auf der slowakischen Seite waren es Deutsche aus der Unterzips und Metzenseifen unter der Leitung von Josef Roob und Matthias Schmögner (beide Metzenseifen) sowie Erika König (Einsiedel).

Auf der Versammlung der Deutschen in Einsiedel am 22. Juni 1990 wurde beschlossen, den dortigen Ortsverband an den Verband der Deutschen in der Tschechoslowakei anzugliedern. Nach den Erinnerungen von Stefan Kozak aus Hopgarten war eine Ortsgruppe des Verbandes seit Mai 1990 tätig. In Metzenseifen wurde am 4. Juni 1990 auf einer Versammlung von ungefähr 200 Deutschen die Ortsgruppe des Verbandes gegründet.

Im Juli und August waren aber die Tendenzen der Gründung eines selbständigen Vereins der Karpatendeutschen sichtbar – und das war der Hauptgrund dafür, dass die Bestrebungen des Verbandes in der Slowakei eingestellt wurden.

Gesellschaft der slowakisch-deutschen Freundschaft

In den Frühlingswochen 1990 wurde in Preßburg die Gesellschaft der slowakisch-deutschen Freundschaft mit dem Vorsitzendenden Friedrich Hlava gegründet. Diese Gesellschaft wollte auch: „Den deutschsprachigen Mitbürgern in der Slowakei mehr Mut und Selbstvertrauen geben (…)“ F. Hlava hat die ehemaligen deutschen Städte und Orte schriftlich angesprochen, aber die Resonanz war nicht stark. Bekannt ist die Gründung der Ortsvereine dieser Gesellschaft am 8. Mai 1990 in Einsiedel, wo man gleich 159 Mitglieder (73 aus Einsiedel, die restlichen aus der Unterzips und Kaschau) verzeichnete. Die Tätigkeit der Gesellschaft der slowakisch-deutschen Freundschaft hat sich in der Slowakei nicht weiter entwickelt, auch die in Einsiedel gegründete Ortsgruppe hat sich rasch über den Verband der Deutschen in der Tschechoslowakei in den Karpatendeutschen Verein in der Slowakei umgewandelt.

Diese kurz beschriebenen Bemühungen bestätigen das starke Bedürfnis der Karpatendeutschen, einen Verband zu gründen, der die verbliebenen Deutschen und ihre Sympathisanten verbindet. Wie es mit der Gründung des Karpatendeutschen Vereins weiterging, erfahren Sie bald auf der Webseite des Karpatenblattes und im Heft.

Ondrej Pöss