Name Zips

Auf den Spuren des Namens Zips

Leben Sie in der Zips/Spiš oder machen dort gerne Urlaub? Dann zählen Sie bestimmt zu den Leuten, die sich für die Herkunft des Namens Zips interessieren. Dieser Frage ging 1899 der in Kesmark/Kežmarok geborene Martin Pirhalla (1852 – 1922), zu dieser Zeit Domherr in Kirchdrauf/Spišské Podhradie, nach. Damals schrieb der Seelsorger und Historiker sinngemäß: „Der Name Zips beschäftigt noch immer die sprachwissenschaftliche Forschung.“ Sind heute, 124 Jahre nach Pirhallas Aussage, diese Arbeiten abgeschlossen? Dazu eine Bestandsaufnahme.

Die Etymologie ist ein Gebiet der Sprachwissenschaft und befasst sich mit der Herkunft eines Wortes. Um den Ursprung eines Ortsnamens (Toponyms) wie der Zips zu finden, sind die Geschichte und die Entwicklung der Sprache in der Region zu untersuchen.

Vielsprachigkeit erschwert Forschung

Für die Herkunft des Namens Zips/Spiš (ung. Szepes, poln. Spisz, lat. Scepusium) gibt es mehrere Deutungen. Grund ist die Schwierigkeit, den sprachlichen Ursprung des Wortes zu finden. Das fast „babylonische“ Sprachgewirr, in dem über Jahrhunderte die in der Zips nebeneinander existierenden ethnischen Gruppen kommunizierten, kompliziert die Suche. Alle diese Sprachen, die slawischen (Slowakisch, Polnisch, Ruthenisch) sowie die deutsche und ungarische, und deren Dialekte unterlagen Veränderungen. Es wurden Begriffe der anderen Sprache übernommen oder mit der eigenen vermischt. Das alles gibt Sprachwissenschaftlern und Historikern einen gewissen Spielraum, eigenen Vorstellungen über die sprachliche Wurzel besonders intensiv nachzugehen.

Zu den Forschern, die sich mit dem Namen Zips und deren slowakischer, ungarischer, polnischer und lateinischer Form befassten, zählen neben dem Kesmarker Martin Pirhalla die Ungarn János Melich (1872 – 1963), Elemér Moór (1891 – 1974) und der an der Debreceni Református Hittudományi Egyetem (DRHE) tätige Róbert Kenyhercz, der in Groß-Lomnitz/Veľká Lomnica geborene, unvergessene Julius Greb (1881 – 1944) und der für das Nationale Wissenschaftszentrum (NSC) in Krakau tätige polnische Wissenschaftler Wojciech Sowa.

Die aktuellsten Arbeiten sind von Sowa („Zur Herkunft und Funktion des Namens Zips“, 2007) und Kenyhercz („On the names of the historical Szepes County“, 2018). Greb und Moór äußerten sich 1929 in der Zeitschrift Karpathenland mit den Beiträgen „Zu dem Namen Zips“ bzw. „Der Name Szepes – Zips“. Und schließlich muss hier auch der Pfarrer und Historiker Samuel Weber (1835 – 1908) genannt werden.

Schön, altungarisch oder deutsch?

Samuel Weber führt in seinem 1880 erschienenen Werk „Zipser Geschichts- und Zeitbilder“ einige Erklärungen auf. Er beginnt beim ungarischen „szepp ez“ (heute „szép ez“). Dies hätten die Ungarn entzückt ausgerufen, als sie erstmalig in diese Gegend vorstießen. Daraus könnte dann Szepes entstanden sein.

Auch auf mögliche deutsche Ursprünge geht er ein. So auf die Lage der Zips als nördlicher Endpunkt des damaligen Ungarn, als Zipfel oder Zipf. Er nennt David Fröhlich, der die Ansicht vertritt, der Name sei als Ableitung vom germanischen Stamm der Karpen, die auch als Karpenser oder Cyrpen bezeichnet werden, entstanden.

Weiterhin verweist Weber auf Mathias Bel (1684 – 1749), der den Ursprung bei dem Stamm der Gepiden sieht. Dieser ostgermanische Stamm besiedelte nach den Karpen das Gebiet. Der Name ihres Wohnsitzes wandelte sich von Gepusia über Cepusia zu Chepusia, dann zu Czepusia und aus dem Gepider wurde ein Cepider und daraus Zipser.

Das Siegel des Zipser Komitats von 1593
Das Siegel des Zipser Komitats von 1593

János Melich sieht die Wurzel im altungarischen Szipis. Er verweist auf Personen- und Ortsnamen, die aus dem Grundwort Szip – Szep gebildet sind (Personennnamen Szepa, Szepe, Szeped, Szepes, Szepüs, die Ortsnamen Szepsi, Szepis, Szepse und Szepetk). Die Entwicklung der ungarischen Sprache führte von szip – szüp zu szep – szöp und schließlich zu szép – szíp.

Julius Greb kann dieser Herleitung nicht zustimmen. Das altungarische Szips (gesprochen Sipsch) kann nach Greb nicht zum deutschen Wort Zips geführt haben. Es hätte wegen des s (gesprochen sch) am Ende zur Bildung des Wortes Zipsch geführt.

Greb nennt deutsche Ortsnamen, die von Siedlern in Erinnerung an ihre alte Heimat als Ursprung in Frage kommen. So nennt er Zips in Bayern, Zipsdorf in Preußen, Zipsendorf und Zipskretscham in Sachsen und Zipsmühle in Hessen. Während sich Zipsmühle als Mühle der Familie Zipps und daher fehlerhaft geschrieben herausstellt, scheint Zips in Oberfranken eher zutreffend zu sein. Diese Ortschaft wird 1385 urkundlich als Zübtz erwähnt, der Name Zueptzer, welcher der heutigen Namensform Zipser entspricht, ist sogar schon 1272 belegt. Ein noch älteres Dokument, das sich auf das zwischen Zeitz und Meuselwitz gelegene sächsische Zipsendorf bezieht, stammt aus dem Jahr 1168 und erwähnt einen Herbo von Zipsendorf. Greb weist darauf hin, dass diese mit „Zips“ beginnenden Ortschaften bestimmt lange vor ihrer Nennung in diesen Dokumenten existierten. Da Zips bzw. Szepes als Komitat urkundlich erstmalig 1202 erwähnt werden, kann der Name Zips auch von eingewanderten Deutschen stammen.

Wojciech Sowa und Róbert Kenyhercz versuchten in ihren jeweiligen Arbeiten die Herkunft des historischen Komitatsnamens Zips in tiefgehenden sprachwissenschaftlichen Analysen zu klären. Kenyhercz hebt dabei die Tatsache hervor, dass sprachliche Entlehnungen und die daraus folgenden Lautveränderungen nicht immer einer strengen Logik folgen. Beide kommen zu keinem eindeutigen Ergebnis und sind sich darin einig, dass weitere Forschungsarbeiten notwendig sind.

Rätsel bleibt ungelöst

Martin Pirhalla verstarb 1922. Er hat bestimmt nicht gedacht, dass seine Aussage bis heute gültig ist. Das Toponym Zips wird auch zukünftig die Etymologen und alle historisch Interessierten beschäftigen.

Eines ist jedoch klar: Wenn die sprachlichen Wurzeln der Zips gefunden sind, ob im Slowakischen, Polnischen, Ungarischen oder Deutschen, wird das Ergebnis nichts an dem engen Verhältnis der Karpatendeutschen zu dieser landschaftlichen schönen Region ändern.

Dr. Heinz Schleusener