Ein neues Lebensjahrzehnt für Lydia Grentzer
Wer kann heute von sich sagen, zu den Gründungsmitgliedern des Karpatendeutschen Vereins zu gehören? Zu den Aktiven dieser Zeit, die damals, am 30. September 1990, den Karpatendeutschen Verein in der Slowakei ins Leben riefen, zählt die bei den Karpatendeutschen vor allem als exzellente Chorleiterin bekannte Lydia Grentzer. Nicht nur die Mitglieder des KDVs in Metzenseifen und Ober-Metzenseifen gratulieren ihr zum 80. Geburtstag, den sie am 22. November feierte.
Als Tochter von Georg Bodenlos und Edit Bolgar in Metzenseifen/Medzev geboren, beeinflusste die Musikstadt Wien ihre Jugend. Ihr Großvater, MUDr. Lorenz Bolgar, war der erste Arzt der Stadt, der in Wien studiert hatte. Bei der aus Wien nach Metzenseifen gezogenen Musikpädagogin Hermine Ribényi lernte sie das Klavierspielen. Wien war weit weg, aber die Musik trug sie im Herzen. Und so ist es bis heute.
Das Interesse an einer Ausbildung in Pädagogik und Musik hatte der damals bekannte Pädagoge und Professor am Konservatorium, Eugen Száraz, geweckt. So studierte die junge Lydia Bodenlos an der Pädagogischen Schule J. A. Komenský in Kaschau/Košice. Viele Jahrgänge von Schülern wurden nach Studienabschluss von Lydia Grentzer unterrichtet. Daher kurz die Stationen ihrer Tätigkeit.
Ihr Arbeitsleben begann 1960 als Lehrerin an der X. Grundschule in Kaschau. Sofort bemühte sie sich um eine höhere Qualifikation, die sie mit einem Zusatzstudium an der Pädagogischen Fakultät der Kaschauer Universität für die Fächer Russische Sprache, Musik und Geographie auch erreichte. In dieser Zeit wechselte sie erst an die Schule in Poproč und 1962 an die Metzenseifener Grundschule, wo sie bis zu ihrem Ruhestand im Jahr 1996 arbeitete. Sie erhielt mehrere Auszeichnungen für ihre pädagogische Arbeit. Für ihr Lebenswerk wurde sie im Jahr 2007 mit der „Medaila sv. Gorazda“ des Ministeriums für Schulwesen der Slowakei geehrt.
Engagierte und qualifizierte Chorleiterin
An allen Schulen unterrichtete Lydia Bodenlos Musik. Im Jahr 1996 heiratete sie Konstantin Grentzer, beide haben zwei Töchter. Für den Chorgesang hatte sie sich schon im Studium besonders interessiert. Das Leiten eines Chores stellt aber höhere Ansprüche. Lydia wollte diesen gerecht werden wollte. Sie nahm daher an Kursen teil, die zunächst Grundlagen und dann das fortgeschrittene Dirigieren lehrten. Diese Kurse führten solche Persönlichkeiten wie der Leiter des Hochschulchores Vojtech Adamec, der Dirigent des Staatstheaters Štefan Gajdoš, der Dirigent und Pädagoge Anton Šándrik sowie Eugen Száraz durch.
Ihre Schüler begeisterte sie für das Singen im Chor. Stets leitete sie einen Schulchor. Kennzeichnend ist der Name des von ihr an der Metzenseifner Schule 1963 gegründeten Chores – Radosť (Freude). Dieser Chor machte seinem Namen alle Ehre und bestand fast 30 Jahre!
Im Jahr 1987 gründete Lydia Grentzer einen Frauenchor, also einen Chor, der in jeder Stimmlage mehrfach besetzt ist. Dieser ging 1989 in den gemischten Chor „Goldseifen“ über und wurde von ihr zehn Jahre geleitet. Teilweise parallel dazu war sie Kantorin der Metzenseifener Kirche, als sie 1992 den slowakischen Kirchenchor Cecilky gründete.
Wie im Karpatenblatt bereits berichtet wurde, sind die von ihr konzipierten Weihnachtskonzerte der von ihr 2011 zum Chor „Melodie“ zusammengeführten Stimmen aus dem Ort und der Umgebung zu einer anspruchsvollen Veranstaltung mit bereits guter Tradition geworden. Das Konzert in diesem Jahr fällt leider den wegen der Corona-Krise erfolgten Einschränkungen zum Opfer.
Deutsch im Vordergrund
Lydia Grentzer hat sich um die Belange der deutschen Kultur vielfach verdient gemacht. Durch die Auswahl ihrer Lieder pflegt sie und verbreitet sie nicht nur deutsche Volkslieder. Auch klassische Musik und Schlager gehörten und gehören zum Repertoire ihrer Chöre.
Aber nicht nur das. Als Lehrerin bekam sie 1964 sogar die Unterstützung des Direktors der Metzenseifener Grundschule, als sie den von staatlichen Organen unbeliebten Unterricht in der deutschen Sprache vom Nachmittag in den Vormittag verlegte und selbst ausführte.
Kommen wir an den Anfang zurück. Lydia Grentzer war nicht nur Gründungsmitglied des Karpatendeutschen Vereins, sie hat diese Gründungsveranstaltung mit dem Anstimmen von deutschen Liedern aus einem formalen, bürokratischen Akt auch zu einem hörbar freudigen Ereignis gemacht.
Ihr großartiges Engagement für die Musik, die Pflege der deutschen Kultur, ist bewundernswert und sollte für die deutsche Gemeinschaft in der Slowakei, ob Mitglied im KDV oder nicht, Ansporn zu ähnlichem Einsatz sein. An die Jubilarin gehen nochmals alle guten Wünsche für gute Gesundheit und viel Schaffenskraft!
Dr. Heinz Schleusener