
„Man sollte mehr über die gemeinsame Geschichte von Slowaken und Deutschen sprechen“
Der Unternehmer Ján Bodnár ist seit Ende letzten Jahres Honorarkonsul der Bundesrepublik Deutschland für die Ostslowakei. Im Gespräch mit dem Karpatenblatt zieht er eine erste Bilanz und erklärt, warum er regelmäßig auf Tour gehen will.
Seit dem 14. Oktober 2024 sind Sie Honorarkonsul für die Region Eperies/Prešov und Kaschau/Košice. Wie bewerten Sie die ersten vier Monate Ihrer Arbeit?
Für mich ist es keine große Veränderung, eher eine Formalität, weil ich seit mehreren Jahren in Verbindung mit der deutschen Gemeinschaft in der Ostslowakei sowie in der Slowakei allgemein bin. Mein gesamtes berufliches Leben ist mit Deutschland verbunden. Ich bin ein Kind der 1990er Jahre, das mit der deutschen Sprache und mit deutschsprachigem Fernsehen aufgewachsen ist. Ich hatte nie Deutsch, auch nicht in der Schule. Gerade lerne ich bei einem Lehrer in Deutschland Kroatisch, einem ehemaligen Uni-Professor. Das heißt, dass ich die ganze Grammatik, Fälle und so weiter, erst jetzt lerne (lacht).
Sie sind auch Unternehmer. Inwiefern ist der Kontakt zu Deutschland und die deutsche Sprache in ihrer Sphäre wichtig?
Das ist das A und O für jeden Slowaken, denke ich. Jeder sollte sich darüber Gedanken machen, ob er entweder selbst Deutsch lernen sollte oder wenn man Kinder bekommt, ob die Kinder wenigstens die deutsche Sprache als erste Fremdsprache erlernen. Englisch ist heutzutage so selbstverständlich, dass es kaum als eine Fremdsprache anzusehen ist. Es ist wichtig zu verstehen, dass Deutschland unser größter Handelspartner ist. Vielleicht sehen wir das nicht auf den ersten Blick, aber es ist halt so. Nicht nur ich, sondern sehr viele meiner Kollegen waren gerade deshalb erfolgreich, weil sie Deutsch entweder schon beherrscht haben oder dann zu einem späteren Zeitpunkt gelernt haben. Es gibt so einen Spruch auf Slowakisch: Koľko jazykov vieš, tolkokrát si človekom (Wie viele Sprachen du beherrschst, so oft bist du Mensch). Und das ist natürlich auch wichtig.
Sie sind für Regionen zuständig, in denen es auch eine deutsche Minderheit gibt. Welche Rolle spielen die Kontakte mit der deutschen Minderheit in den Regionen, für die Sie verantwortlich sind?
Ich muss ehrlich gestehen, dass ich offiziell noch nicht sehr viele Berührungspunkte mit der deutschen Minderheit hatte. Sie sind jetzt die zweite Person seitdem ich zum Konsul ernannt wurde und ich denke, dass diese Kontakte sehr wichtig sind. Ein Freund, der der deutschen Minderheit angehört, berichtete mir, dass diese langsam ausstirbt und ich denke, dass das sehr schade wäre. Das ist auch etwas, worüber man nicht wirklich spricht. Man sollte mehr über die gemeinsame Geschichte von Slowaken und Deutschen sprechen, die seit dem Mittelalter sehr stark miteinander verwoben ist. Wir haben das auch auf der Arbeit gemerkt, was die Kultur angeht. Wir sind uns gar nicht so unähnlich und das hilft jungen Leuten natürlich, sich an die Arbeitsweise von deutschen Firmen anzupassen.
Viele unserer Leserinnen und Leser werden wahrscheinlich nicht genau wissen, was ein Honorarkonsul eigentlich macht. Könnten Sie kurz Ihr Tätigkeitsfeld beschreiben?
Also, um es einfach und kurz zu fassen, stehe ich den deutschen Bürgern hier zur Verfügung. Ich unterstütze sie in verschiedenen Angelegenheiten. Ich habe auch begrenzte Möglichkeiten, einige Dokumente zu beurkunden, zum Beispiel Unterschriften und Ähnliches. Natürlich habe ich kein Recht, deutsche Pässe auszustellen. Das erledigt die Botschaft in Pressburg/Bratislava. Aber ich bin sozusagen die Verbindung zwischen der Botschaft und den Regionen. Der Grund, weshalb die deutsche Botschaft sich dafür entschieden hat, so eine Stelle hier einzurichten, ist es, näher bei den deutschen Staatsbürgen oder der deutschen Minderheit hier in der Region zu sein. Ich bin praktisch der Mittelsmann.

Wie wird man eigentlich Honorarkonsul?
Diese Frage hat man mir schon sehr oft gestellt und um ehrlich zu sein, kann ich diese Frage nicht beantworten. Ich kann nur vermuten, wie es dazu gekommen ist. Man hat wohl einen passenden Kandidaten gesucht und wahrscheinlich wurde ich in die größere Runde aufgenommen und nach dem Gespräch mit den zuständigen Diplomaten hat man sich für mich entschieden. Für mich ist es nicht nur ein Ehrenamt, sondern eine Ehre und ich werde versuchen, mein Bestes zu tun, um die deutsche Gemeinschaft hier zu unterstützen.
Was würden Sie gerne als Honorarkonsul erreichen?
Ich habe sehr viele Ziele und Ambitionen, aber leider hat der Tag nur 24 Stunden. Ich habe noch meine Firma und drei kleine Kinder, denen ich übrigens noch Deutsch beibringen muss. Die haben nämlich gerade mit der deutschen Sprache angefangen. Wir haben hier mit meinen ehemaligen Kollegen aus anderen Firmen – nicht nur deutschen – so eine kleine Unterstützungsgruppe gegründet. Wir machen eine Tour durch die Gymnasien und Universitäten und unterstützen die deutsche Sprache. Dabei versuchen wir nicht nur den Schulen, sondern auch den Eltern zu erklären, wie wichtig die deutsche Sprache ist. Das soll keine einmalige Sache sein, sondern soll permanent laufen.
Man kann aus wirtschaftlicher Sicht nie genug deutschsprachige Mitarbeiter haben und das würde ich gerne unterstützen. Durch die Sprache kommt man sich auch kulturell näher und ich meine, in der jetzigen Zeit ist es unheimlich wichtig, dass wir diese Partnerschaft mit Deutschland ausbauen. Schließlich befinden wir uns hier in der Mitte Europas. Ich denke, in der Zukunft wird Deutschland im Hinblick auf die aktuelle Situation in der Welt eine sehr wichtige Rolle spielen. Meiner Meinung nach kann uns Deutschland nur stärken und Länder wie die Slowakei sollten die engsten Partner von Deutschland sein.
Das Gespräch führte Yannick Baumann.