Professor Ferdinand Klein: Mit Janusz Korczak die Heilpädagogik gestalten. Zur Erinnerung an seinen 80. Todestag

Mit Janusz Korczak die Heilpädagogik gestalten

Das internationale Archiv für Heilpädagogik e.V. brachte 2022 das Buch „Mit Janusz Korczak die Heilpädagogik gestalten. Zur Erinnerung an seinen 80. Todestag“ heraus. Auf 135 Seiten befasst sich darin der Karpatendeutsche, Professor Ferdinand Klein, mit dem Leben und Werk von Janusz Korczak. Die Publikation erschien im Verlag BHP-Berufs- und Fachverband.

Der international bekannte Heil- und Sonderpädagoge Ferdinand Klein hat sich durch viele Jahre seines beruflichen Wirkens in zahlreichen Publikationen mit Leben und Werk von Janusz Korczak (1878-1942) auseinandergesetzt und dabei immer wieder unter neuen Gesichtspunkten dazu beigetragen, dessen Impulse für das Feld der heilpädagogischen Praxis fruchtbar werden zu lassen.

In dem Buch wählt er Korczaks „schöpferische Ungewissheit des Nichtwissens“ als Ausgangspunkt und versucht die Blickrichtung seiner Leserinnen und Leser von Kognitionswissenschaften, Lernförderprogrammen und virtuellen Techniken zurück zu lenken auf die unvergleichbare Individualität des einzelnen Kindes und den sinnorientierenden Auftrag, welches es an sein jeweiliges Gegenüber stellt. Im Fokus steht durchgängig die Frage, wie das von Korczak eingeforderte Recht des Kindes auf Achtung im Prozess einer wechselseitigen Menschenbildung von Kind und (heil-) pädagogisch Tätigen gepflegt und vertieft werden kann.

Beispiele aus der heilpädagogischen Praxis

Nach einem umfassenden Kapitel, welches gleichsam als kurze Einführung in Biografie, Werk und Wirkung von Korczak gelesen werden kann, folgen konkrete Praxisbeispiele aus verschiedenen Arbeitsfeldern der Heilpädagogik. Dabei wird aufgezeigt, wie durch offene Erkenntnissuche, achtsame Haltung, situationsorientierte Beziehungsgestaltung und reflexive Erziehungskunst im professionellen Handeln wesentliche Elemente Korczaks wirksam werden können.

Ein weiterer Abschnitt des Buches setzt sich besonders mit der Situation des verunsicherten und verängstigten Kindes auseinander und bewegt die Möglichkeiten einer therapeutischen Erziehung, welche das Erfahren von Selbstwirksamkeit und „Trauma-Heilung“ (sic!) unterstützen können. Ferdinand Klein setzt ein rational-kritisches Bewusstsein an die Stelle bloßer moralischer Postulate und lädt darüber hinaus zum Dialog ein mit prägenden Persönlichkeiten wie Albert Schweitzer, Astrid Lindgren und Viktor E. Frankl, aber auch Künstlern wie Imre Kertész und Joseph Beuys, sowie den Klassikern der Erziehungswissenschaft Pestalozzi, Schleiermacher und Herbart.

Pädagogik als Haltung

Sämtliche dieser Denkbewegungen erfordern nachdrücklich ein Innehalten, sorgfältiges und wiederholtes Lesen, um angesichts der zahlreichen Anregungen sich nicht voreilig in deren Fülle zu verlieren; hilfreich erweist sich in dieser Hinsicht der klare und anregende Schreibstil, welcher trotz wissenschaftlicher Fundierung auf abstrahierende Begrifflichkeiten weitgehend verzichtet. Hinzu kommt eine ansprechende Auswahl von Bildern, welche sich mehrheitlich künstlerisch auf Janusz Korczak beziehen. Dem Buch ist eine möglichst breite Leserschaft zu wünschen, welche mit Korczak und dem Verfasser weiterhin fragend unterwegs bleiben will, jedoch sicher in dessen formulierter Gewissheit: „Pädagogik ist kein Machen, Pädagogik ist eine Haltung.“

Julius Gfröreis